Rückblick: 10. Geschichtsmesse der Bundesstiftung Aufarbeitung in Suhl / Thüringen

Vom 19.-21. Januar 2017 präsentierte sich das Deutsche Spionagemuseum erstmals auf der Geschichtsmesse der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Zum zehnten Jubiläum widmete sich die Messe dem Themenschwerpunkt „Kommunismuserbe – Populismus – Extremismus: Herausforderungen für die historische Aufarbeitung und die Demokratie in Europa“. Im Ringberg Hotel im thüringischen Suhl fanden zahlreiche Podiumsdiskussionen und Vorträge statt.

Stand der politischen Bildung in Deutschland und zum Erbe des Kommunismus

Nach einer Begrüßung durch die Geschäftsführerin der Bundesstiftung, Dr. Anna Kaminsky, sowie den Oberbürgermeister der Stadt Suhl, Dr. Jens Triebel, startete der erste Tag mit Diskussionsrunden zum Stand der politischen Bildung in Deutschland und zum Erbe des Kommunismus im Europa der Gegenwart. Insbesondere in der zweiten Diskussion gelangen spannende Einblicke zum Umgang mit der eigenen Geschichte in den ehemaligen kommunistischen Diktaturen des Balkans.

In vielen Punkten waren sich die Gäste (Norbert Beckmann-Dierkes, Leiter des Auslandsbüros Serbien und Montenegro der Konrad-Adenauer-Stiftung, Belgrad; Dr. Jonila Godole, Universität Tirana, Albanien; Dr. Radu Preda, The Institute for the Investigation of Communist Crimes and the Memory of the Romanian Exile, Bukarest; Dr. Meelis Maripuu, Estonian Institute of Historical Memory) erstaunlich einig, obwohl sie eine breite Palette an länderspezifischen Erfahrungen mitbrachten. Die Aufarbeitung der Vergangenheit scheint unabhängig von nationalen Zugehörigkeiten vielfach schleppend zu verlaufen. Die jüngere Generation richte ihren Blick vor allem auf eine gemeinsame Zukunft in Europa.

Aktuelle Gefährdungen der Demokratie

Am zweiten Veranstaltungstag kamen die Podiumsgäste zum Thema „Leben wir wieder in Weimar? Lernen aus der Geschichte angesichts aktueller Gefährdungen der Demokratie“ sehr schnell zu dem Schluss, dass sich der Weimar-Vergleich auf Grund der doch sehr unterschiedlichen Voraussetzungen verbietet. Trotzdem warf die Diskussion Fragen auf, die im weiteren Verlauf der Geschichtsmesse immer wieder gestellt wurden.

Wenn politische Bildung als Werkzeug zur Entwicklung einer stabilen Demokratie begriffen wird, ist es angesichts der aktuellen Krise der politischen Kommunikation und des antidemokratischen Denkens nicht schon „fünf vor zwölf“? Haben die Instrumente der politischen Bildung in den vergangenen Jahrzehnten versagt? Mit diesen Fragen sahen sich die Teilnehmer der folgenden Podiumsdiskussionen immer wieder konfrontiert. Die Positionen reichten dabei von einem finsteren „fünf nach zwölf“ bis hin zu einem sehr positiven „0 Uhr –Mitternacht“, das CDU-Mitglied Martin Patzelt in der Abschlussdiskussion zur Geschichtsmesse in den Raum stellte.

Lernen am historischen Ort und im Museum

Der Großteil des zweiten Tages wurde allerdings genutzt, um die vielen Projekte in unterschiedlichen Sektionen vorzustellen. Das Deutsche Spionagemuseum fand sich in der Sektion „Lernen am historischen Ort und im Museum“. Das Museum am Leipziger Platz erfüllte dabei sogar beide Kriterien: Eine Hälfte des Platzes lag zur Zeit der Deutschen Teilung auf dem sogenannten „Todesstreifen“ und war nach der Wende lange eine Brachfläche. Die Präsentation lieferte einen Einblick in eines der neuesten Museen Berlins. Neben Zeitzeugen, Ausstellungsobjekten und interaktiven Installationen stellten siuch dort auch die Bildungsangebote in Form von themenspezifischen Führungen vor.

Das prominent besetzte Abschlusspodium (Dr. Sabine Bamberger-Stemmann, Landeszentrale für politische Bildung Hamburg; Markus Meckel, Ratsvorsitzender Bundesstiftung Aufarbeitung; Martin Patzelt, Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU); Dr. Babette Winter, Staatssekretärin für Kultur und Europa des Freistaats Thüringen) diskutierte insbesondere die bevorstehenden Herausforderungen in der politischen Bildungsarbeit – Einwanderungsgesellschaft, Flüchtlingspolitik, Extremismus.

Kritisch hinterfragt wurden dabei die Wahlerfolge der Partei „Alternative für Deutschland (AfD)“ in Ost- und Westdeutschland, die häufig als Indikator für fehlgeschlagene Demokratiebildung in den neuen Bundesländern herangezogen werden. Alle Diskutanten blickten jedoch positiv auf die Zukunft. Keiner von ihnen folgte der am zweiten Tag formulierten These, dass die Krise der Demokratie direkt bevorstehe und es „fünf vor zwölf“ sei.
Das Lesebuch der 10. Geschichtsmesse bietet für Interessierte einen vertiefenden Einblick, speziell zu allen vorgestellten Einzelprojekten.


Bilder 1 & 3 © Dong-Ha Choe für die Bundesstiftung Aufarbeitung / Bild 2 © Deutsches Spionagemuseum

Autor: Christoph Ewering

Veröffentlicht am: 06.02.2017