Das versteckte Übermitteln von Informationen gehörte schon immer zu den elementaren Arbeitstechniken von Spionen. Der Fachterminus lautet Steganographie (griech. „bedecktes Schreiben“). Ein paar Beispiele: In der Antike kratzte man die Wachsschicht von den Schreibtafeln, ritze die Nachricht in das darunterliegende Holz und verdeckte die Geheiminformation wieder mit einer neuen Wachschicht. Diese wurde dann mit einer harmlosen Nachricht beschrieben, damit sich die eigentliche Geheimnachricht unauffällig transportiert ließ.
Maria Stuart, die Konkurrentin der englischen Königin Elisabeth I., kommunizierte mit ihren adligen Mitverschwörern mittels Nachrichten, die in den Verschlüssen von Weinfässern versteckt waren. Einige Methoden der verdeckten Nachrichtenübermittlung aus der frühen Neuzeit passen perfekt zum anstehenden Osterfest: Eier zur geheimen Informationsübermittlung.
Der italienische Universalgelehrte Giambattista della Porta (1535-1615) beschrieb eine interessante Verwendung von Eiern in seinem Werk „Magiae naturalis sive de miraculis rerum naturalium“ aus dem Jahr 1558. Dass die Methode tatsächlich zur Anwendung kam, bewies kürzlich die Historikern Dr. Nadine Akkermann bei ihren Recherchen zu weiblichen Spionen im 17. Jahrhundert.
Tatsächlich gab es damals zahlreiche Frauen, die sich als Agentinnen betätigten. Diese stammten aus den unterschiedlichsten Schichten und Berufen, etwa Ammen oder Ladeninhaberinnen, aber auch brave, konservative Adelige. Generell wurde Frauen in jener Zeit nicht zugetraut, sich politisch zu engagieren und als Spionin zu agieren. Dadurch konnten sie ungestört Informationen sammeln und diese dann unter anderem in Eier-Containern unauffällig schmuggeln.
Zu diesem Zweck musste das Ei zuerst mindestens 4-6 Stunden in Essig eingelegt werden, um die Eierschale aufzuweichen. Sobald dies erreicht ist, wird in die Schale mit einem Messer ein kleiner Schlitz eingebracht. In diesen lässt sich dann ein möglichst eng gefaltetes Papierstück in das Ei stecken.
Damit sich die Botschaft auf dem Papier auch in dem rohen Ei erhält, sollte sie mit Eisengallustinte geschrieben werden. Dabei handelt es sich um eine spezielle, dokumentenechte Tintenmischung, die bereits seit dem Altertum verwendet wird. Anschließend wird das Ei in kaltes Wasser eingelegt, um die Schäle wieder zu erhärten.
So simpel das System erscheint, so genial war es doch. Das Spionage-Ei lässt sich in einem Korb mit anderen Eiern unauffällig transportieren. Um den Containern zu enttarnen, müssten bei einer Kontrolle alle Eier aufgeschlagen werden – was recht unwahrscheinlich sein dürfte. Dr. Akkermann hat das Verfahren selbst getestet und per Video dokumentiert.
Der bereits erwähnte Giambattista della Porta schien von der Verwendung von Eiern zu Spionagezwecken recht überzeugt zu sein. In einem weiteren seiner Werke mit dem Namen „De furtivis literarum notis“ aus dem Jahr 1563 findet sich noch eine Möglichkeit, Nachrichten auf Eiern zu verstecken.
Hierbei werden die Informationen mit einer Spezialtinte aus Alaun und Essig auf die Eierschale geschrieben. Beim anschließenden Kochvorgang durchdringt die Tinte die Schale. Nach dem Kochen wischt man die Nachricht ab, dass Ei kann unauffällig transportiert werden und die Nachricht lässt sich nach dem Pellen auf dem Eiweiß ablesen.
Im Gegensatz zur ersten Methode scheint dieses Verfahren aber mit modernen Eiern nicht mehr zu funktionieren. Diese werden zur längeren Haltbarkeitsmachung mit diversen chemischen Mitteln behandelt, welche die Eierschale praktisch versiegeln (aus diesem Grund müssen heutzutage Eier vor dem Kochen angepickt werden, um nicht zu zerplatzen). Die Tinte aus Alaun und Essig ist daher nicht in der Lage, die heutigen Eierschalen zu durchdringen.
Die Technik der Umfunktionierung von Alltagsgegenständen zu geheimdienstlichen Zwecken beschränkt sich nicht nur auf die frühe Neuzeit, sondern wurde auch im Kalten Krieg mit erstaunlicher Kreativität betrieben. Diesem Thema widmet sich die nächste Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum: Am 25. April 2017 um 19:00 Uhr präsentiert der Sammler und Spezialist für Nachrichtendiensttechnik, Detlev Vreisleben, außergewöhnliche Agenten-Gadgets: die Werkzeuge der Spione.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 12.04.2017