Dass alles, was wir mit Smartphones im Internet machen, sei es Shoppen, Chatten oder Schreiben, von zahlreichen Unternehmen detailliert analysiert wird, ist im Grunde nichts Neues.
Was aber vielen Nutzern vielleicht unbekannt ist: Auch ohne dass wir aktiv Funktionen unseres Smartphones nutzen, belauschen Apps Privatgespräche oder erfassen das Bewegungsmuster. Diese Informationen werden dann zur gezielten Werbung eingesetzt.
Letztes Jahr wurden erneut Vorwürfe gegen Facebook laut, dass die App des Unternehmens auch ohne aktive Nutzung die Gespräche der Nutzer mithört. Rasch häuften sich die Aussagen von Betroffenen. Alle hatten ein bestimmtes Thema mit Freunden in einem privaten Raum besprochen – ohne das Thema im Chat oder Internet verfolgt zu haben. Bald darauf erhielten sie zu genau diesem Aspekt Werbung.
Facebook selbst streitet den Vorwurf des Abhörens nicht ab. Allerdings beharrt der Konzern darauf, dass mit den Informationen keine Werbung geschaltet werde. Stattdessen ermittle man lediglich Posting-Vorschläge.
Facebook ist kein Einzelfall: zahlreiche Apps sichern sich bei der Installation Zugriffsrechte auf die Kamera, die GPS-Sensoren oder das Mikrofon des Smartphones.
Einen Einblick in die technischen Möglichkeiten solcher „Spionage-Apps“ bietet die Geschichte eines spanischen Bloggers: Er berichtet, dass er sich während eines Ausflugs mit Freunden über einen Mini-Beamer unterhielt. Mit diesem können Bilder von einem Handy an eine Wand projizieren werden.
Obwohl er dieses Gerät nie in einem Chat erwähnte oder bei Google suchte, erhielt er am folgenden Tag auf Instagram eine Werbeanzeige für exakt einen solchen Beamer.
Das Handy hatte in dem ländlichen Gebiet auf 2300 Meter Höhe, in dem das Gespräch stattfand, leidlich 3G Empfang. Zudem lief es im Batteriespar-Modus und lag in der Tasche verstaut. Trotzdem hat die im Hintergrund arbeitende App anscheinend Gespräche analysiert und die Informationen weitergeleitet. Der Spanier zeigte sich schockiert ob dieser All-Round-Überwachung ohne Vorwarnung.
Was hätten Geheimdienste früher eine derartige Technik gegeben: Wanzen, die von den Personen, die man ausspionieren will, bereits am Körper getragen werden. Dies ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Laut einer Studie der Technischen Universität Braunschweig verfolgen zahlreiche Android-Apps das Nutzungsverhalten ihrer Nutzer per Ultraschall. Die Lautsprecher der Smartphones senden dabei Töne im Ultraschallbereich, die Mikrofone der Geräte sind in der Lage, solche zu empfangen.
Die Technik werde eingesetzt, um standortbezogene Werbung wie Rabattcoupons anzuzeigen. Per Ultraschall könnte ein Lautsprecher in einem Geschäft etwa einer Smartphone-App die Information liefern, dass der Nutzer sich dort befindet. Die Ersteller der Studie warnten vor einem Verlust an Privatsphäre durch dieses unbemerkte Tracking von Standorten, Verhalten und Geräten.
Wie aber kann man sich gegen die Dauerbespitzelung schützen? Nutzer sollten stutzig werden, wenn Apps Benutzungsrechte auf das Smartphone-Mikrofon einfordern, obwohl dieses in keinem Zusammenhang mit der Funktion der App steht. Auch rascher Akku-Verbrauch gilt als Warnzeichen, dass im Hintergrund mehr Dienste arbeiten, als der Nutzer weiß.
Grundsätzlich lassen sich die Mikrofon-Einstellungen im Smartphone nachträglich ändern und die Nutzung des Mikrofons durch Apps sperren. Ein wenig Bewusstsein dafür, wie leicht die heutige Technik von außen manipulierbar ist, kann schon das Schlimmste verhindern.
Ähnliche Gedanken zum Schutz seiner Privatsphäre sollte sich auch machen, wer Sprachassistenten wie Siri oder Alexa nutzt. Mittlerweile werden ähnliche Programme auch in Spielzeug verbaut. Nicht immer ist dabei der nötige Datenschutz gewährleistet, wie jüngst erst das Beispiel der Puppe „My Friend Cayla“ zeigte.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 06.09.2017