John Fitzgerald Kennedy, der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, wurde am 22. November 1963 in Dallas, Texas, bei einer Fahrt im offenen Wagen durch die Innenstadt ermordet. Nur wenige Stunden danach wurde Lee Harvey Oswald als mutmaßlicher Attentäter verhaftet. Zwei Tage später jedoch erschoss ihn der berüchtigte Nachtklubbesitzer Jack Ruby. Dies sind die unwidersprochenen Fakten des Kennedy-Attentates.
Damit endet allerdings auch das als gesichert angesehene Wissen um die Ermordung von JFK. Seit jenen schicksalshaften Tagen im November 1963 geistern verschiedene Verschwörungstheorien um das wohl berühmt-berüchtigtste Attentat der amerikanischen Geschichte.
Nachdem bekannt geworden war, dass Lee Harvey Oswald einige Zeit in der Sowjetunion gelebt und auch später in Mexiko Kontakt zur sowjetischen Botschaft gehabt hatte, wurde zunächst der sowjetische Geheimdienst KGB als Auftraggeber des Attentats ausgemacht. Nur wenige Zeit später wurde dann eine neue Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt, die nachweislich vom KGB selbst mit unterstützt wurde. Erzkonservative Kreise amerikanischer Politiker und Milliardäre hätten Kennedy ermorden lassen, um einen Kandidaten nach ihrem Geschmack ins Amt zu bringen.
Um die Hintergründe der Ermordung Kennedys zu klären, setzte sein vormaliger Vize-Präsident und Amtsnachfolger Lyndon B. Johnson nur wenige Tage nach der Tat eine Untersuchungskommission ein, die sog. „Warren-Kommission“. Ihr Ergebnis nach einjähriger Arbeit: Oswald war ein Einzeltäter und hatte keine Hintermänner. Bei ihrer Arbeit wurden der Kommission jedoch Informationen seitens der amerikanischen Sicherheitsbehörden vorenthalten.
Die letzten Dokumente der „Warren-Kommission“ und aller amerikanischen Sicherheitsbehörden, die nach einer Überprüfung Anfang der 1990er-Jahre nochmals mit einer Sperrfrist von 25 Jahren belegt worden waren, wurden gestern Nacht freigegeben. Rund 2800 mit Spannung erwarteter Dokumente sind nun auf der Homepage des National Archive Washington für jedermann einsehbar.
Doch bereits jetzt geistern neue Verschwörungstheorien durch die Welt. CIA und FBI hatten in letzter Minute verhindern können, dass wirklich alle Dokumente ungeschwärzt veröffentlicht wurden. Mit der Begründung zum Schutz der nationalen Sicherheit, des geheimdienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie aus Rücksicht auf befreundete Länder und Dienste wurden wieder Schwärzungen vorgenommen.
Letztlich hatte die Geheimniskrämerei der Dienste gesiegt – und bereitet den Boden für neue Verschwörungstheorien aller Art. Experten, vor allem solche, die in den 1990er-Jahren an der Überprüfung der Dokumente mitgearbeitet hatten, gehen davon aus, dass sich in den verbliebenen Akten ohnehin keine neuen Hinweise auf die Urheberschaft des Attentats finden lassen.
Verschwörungstheoretische Phantasien werden durch Geheimhaltung und Schwärzung indes stets befördert. Und wenn wirklich 100 % aller Kennedy-Akten öffentlich wären, würden Verschwörungstheoretiker eben vermuten, dass sie die „missing links“ vorher zerstört wurden. Denn dies ist die Logik einer jeden Verschwörungstheorie, für die das Kennedy-Attentat schon immer einer der größten Bezugspunkte überhaupt war.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 27.10.2017