Gifte sind ein faszinierendes Thema. Lautloser Mörder oder kräftiger Heiler, nahezu jedes Mittel kann zum Gift werden – oder aber Gutes tun. Kein Wunder, dass diese vielfältige Nutzung seit jeher Geheimdienste besonders interessiert.
Von Regimekritiker Georgie Markow, DDR-Fluchthelfer Wolfgang Welsch, CDU-Politiker Uwe Barschel, bis hin zum ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko, dem FSB-Überläufer Alexander Litwinenko oder dem Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un – Gifte sind ein gefragtes Mittel, wenn es darum geht, heimlich zu töten.
Heimlich? Gifte verraten mehr über die Täter und Auftraggeber als der Laie gemeinhin vermutet. Formulaturen sind wie Fingerabdrücke, Gifteinsätze manchmal wie symbolische Fingerzeige. Für Geheimdienste waren und sind Gifte dabei ein besonders nützliches Mittel: vom »Wahrheitsserum« bei Verhören bis hin zur Mordwaffe.
Walter Katzung, einer der bekanntesten Toxikolgen und UN-Gutachter für Toxikologie und chemische Waffen führte am 12. Dezember 2017 im Deutschen Spionagemuseum in die faszinierende Welt der Gifte ein. Manchmal beängstigend detailliert erzählte er von Anwendungen, Herstellung und dem Einsatz von Giften.
Tötungsabsichten spielen dabei nicht immer die größte Rolle. Betäubung und vor allem „Manipulation“, etwa durch sog. „Wahrheitsseren“, KO-Tropfen oder Aphrodisiaka kommen viel häufiger zum Einsatz als gemeinhin bekannt. Giftanwendungen nachzuweisen oder auch chemische Gifte und Kampfmittel zu beseitigen, sind für die Toxikologie dabei die größte Herausforderung.
Wie schnell chemische Analysen von Giften enorme politische Auswirkungen haben können, machte der zweite Gast des Abends, der ehemalige Oberstaatsanwalt Heinrich Wille, zum Ausgangspunkt seiner Arbeit. Zuständig für die Ermittlungen im Fall Uwe Barschel äußerte er große Zweifel an der Einstufung als Selbstmord – und geht nach wie vor von einem Giftmord an dem ehemaligen Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten 1987 in der Schweiz aus.
Chemische Gutachten stützen diese Annahme, doch für die weitreichenden politischen Implikationen, von der Behinderung der Ermittlungen bis hin zu Verstrickungen Barschels in geheime Waffengeschäfte, hat auch Wille keinen Beweis.
Wie schwierig also der Bogen von Giftanalysen zu politischen und kriminalistischen Untersuchungen ist, arbeitete auch der gewohnt souveräne Moderator Dr. Helmut Müller-Enbergs im Gespräch mit den Gästen heraus. Ein wahrhaft toxischer Abend im Deutschen Spionagemuseum, der schon im März 2018 eine Fortsetzung finden wird.
Bei der nächsten Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum am 11. Januar 2018 trifft einer der Meisterspione der Stasi, Rainer Rupp, alias „Topas“, zum ersten Mal öffentlich mit seinem Stasi-Führungsoffizier Karl Rehbaum auf. Der Eintritt ist wie immer frei.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 15.12.2017