Verschwörungstheorien sind keine Neuheit, seit Antike und Mittelalter finden sich Vorläufer und mit einer zunehmenden Schriftlichkeit nehmen sie seit dem 18. Jahrhundert immer weiter zu. Gerade durch die Möglichkeiten der Verbreitung von Inhalten im Internet erfährt auch die Welt der Verschwörungstheorien einen neuen Aufschwung.
Auch Geheimdienste spielen in dieser Welt immer wieder eine Rolle. Einerseits, weil sie durch ihre Arbeit im Geheimen rasch als Wirkmächte hinter diversen Verschwörungstheorien gesehen werden. Andererseits, weil es auch Beispiele gibt, dass Geheimdienste Verschwörungstheorien zu ihren eigenen Zwecken instrumentalisierten. Es passte also gut, dass am 9. April 2019 der Forscher Professor Michael Butter im Deutschen Spionagemuseum sein Buch „Nichts ist, wie es scheint“ über die Welt der Verschwörungstheorien vorstellte.
Butter ist ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet der Verschwörungstheorien. Er sitzt als Professor für amerikanischen Literatur und Kulturgeschichte an der Universität in Tübingen und leitet zudem ein EU-Forschungsprojekt zur Analyse von Verschwörungstheorien. In seinem Vortrag erläutert er die allgemeinen Merkmale und Mechanismen von Verschwörungstheorien.
Dabei legt er offen, auf welche Weise Verschwörungstheorien argumentieren und was sie für viele Menschen so anziehend wirken. Es ist der ständige Kampf zwischen Gut und Böse, wobei das Böse oft eine kleine, aber mächtige Gruppe im Geheimen agierender Personen darstellt. Dabei ist eine konkrete Beweislage meist weniger von Belang. Oftmals basiert die Argumentation auf Interpretationen. So gilt beispielsweise die berühmte Merkel’sche Raute für Verschwörungstheoretiker als Erkennungszeichen des Geheimbundes der Illuminati.
Neben solchen recht unverfänglichen Verschwörungstheorien finden sich allerdings auch Beispiele, die zielgerichtet instrumentalisiert auch gesellschaftliche Spaltungen hervorrufen oder sogar in konkreter Gewaltanwendung münden können. Als prominentestes Beispiel benannte Butter hier den Holocaust, der sich zu erheblichem Maße auf dem Glauben einer jüdischen Weltverschwörung gründete.
Aktuell ist es vor allem die Theorie vom »Großen Austausch«, die für Unruhe sorgt. Diese besagt, dass das Land von einer globalen »Finanzoligarchie« mittels der »Migrationswaffe« ausgeschaltet werden soll. Gerade als populistisches Mittel erfreuen sich die Verschwörungstheorien derzeit großer Beliebtheit.
Das liegt laut Butter auch an den neuen Verbreitungsmöglichkeiten durch das Internet. Während früher Verschwörungstheoretiker meist in kleinen, abgeschlossenen Gruppen agierten und oft Schwierigkeiten hatten, Anhänger der eigenen Überzeugungen zu finden, ist dieses heute in unzähligen Foren und Internetseiten auf internationaler Basis jederzeit möglich. Das befeuere auch den Glauben an Verschwörungstheorien.
In der Zeit vor dem Internet war es viel schwieriger, eine Bestätigung seiner Überzeugungen zu erhalten. Das habe dazu geführt, dass angehende Verschwörungstheoretiker ihre Auffassungen eher hinterfragten, wenn sie feststellten, dass diese in ihrem sozialen Umfeld für Unverständnis sorgten. Nun allerdings könne man im Internet im Grunde zu jeder noch so bizarren Meinung jemanden finden, der diese teile – oder sogar noch steigere.
Michael Butter arbeitet derzeit an einem Handbuch zu Verschwörungstheorien. Es ist also durchaus möglich, dass die spannende Veranstaltung eine Fortsetzung findet.
Die nächste Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum am 25. April 2019 befasst sich mit dem größten Skandal in der Geschichte der Bundeswehr, der Affäre Kießling. Mit bislang unbekannten Quellen und ungehörten Zeitzeugen werden erstmals die Hintergründe des damaligen Geschehens umfassend rekonstruiert.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 11.04.2019