Jeder Mensch verströmt einen individuellen Körpergeruch, der genetisch festgelegt ist. Lediglich eineiige Zwillinge haben einen identischen Körpergeruch. Aber auch innerhalb der Familie ist der Körpergeruch durch die verwandtschaftlich bedingte genetische Nähe ähnlich, man spricht von einem „Familiengeruch“.
Unbewusst nimmt man auch bei der Partnerwahl über den Körpergeruch war, welches genetische Material eine Person in sich trägt. Dieser natürliche Effekt soll laut Experten dazu dienen, dass sich Personen mit möglichst unterschiedlichem Genmaterial untereinander fortpflanzen und so das Entstehen von Gendefekten aufgrund zu naher Verwandtschaft vorbeugen. Der Satz „Ich kann dich gut riechen“ hat also durchaus seine Berechtigung.
Bei einem so signifikanten biometrischen Merkmal verwundert es kaum, dass es auch in der Arbeit von Polizei und Geheimdiensten zur Anwendung kommt.
Hinter dem Begriff „Odorologie“ verbirgt sich die Lehre vom Geruch. In der Kriminalistik wird die Odorologie eingesetzt, um mittels Hunden Personen zu identifizieren. Hunde kommen als Spürtiere bereits seit Jahrhunderten zum Einsatz. Bis heute ist es nicht möglich, die hochsensible Hundenase durch technische Hilfsmittel zu ersetzen.
Hundenasen besitzen bis zu 300 Millionen Riechzellen. Das sind bis zu 60-mal mehr Rezeptoren als der Mensch, dessen Nase nur etwa 5 Millionen Riechzellen aufweist. Für Polizei und Geheimdienste erschnüffeln sie neben Menschen auch Gegenstände wie Drogen, Sprengstoff oder neuerdings auch elektronische Datenträger wie USB-Sticks oder Festplatten.
Bereits im frühen 20. Jahrhundert entstand die Idee, die Arbeit der Spürhunde zu optimieren, indem man Geruchsspuren an Tatorten sammelt und in Glasbehältern verwahrt. Führend bei dieser Entwicklung war die „Nationale Schule für Spürhunde“ in den Niederlanden.
Die Volkspolizei der DDR verfeinerte in den 1970er-Jahren das Verfahren zur Erfassung von Körpergerüchen unter dem Namen „Geruchsdifferenzierung“. Ziel war es, systematisch Gerüche von Gegenständen an Tatorten mit den Körpergerüchen verdächtiger Personen abzugleichen.
Dabei wurden die Geruchsproben an den Tatorten bzw. von den Personen mit sterilen Tüchern abgenommen. Für die Langzeitaufbewahrung kamen ebenfalls Behälter aus Glas zum Einsatz, da diese den Geruch der Proben nicht verfälschten. Diese wurden zudem luftdicht abgeschlossen.
Speziell ausgebildete „Differenzierungshunde“ wurden darin geschult, die am Tatort erfassten Spuren mit jenen der verdächtigen Personen zu vergleichen. Dazu gab man dem Hund eine Duftprobe vom Tatort und dann musste er an mehreren auf dem Boden stehenden Duftproben von Personen zu riechen. Bei Übereinstimmung der beiden Duftproben setzte sich der Hund vor die entsprechende Probe. Ganz ähnlich sieht das Traininig von Spürhunden bei der CIA bis heute aus.
Auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nutzte dieses System und baute in den 1980er-Jahren ein ganzes Archiv aus sogenannten Geruchskonserven auf. Während die Volkspolizei die Geruchsproben im Rahmen von konkreten Ermittlungen sammelte, begann das MfS, auch Geruchsproben von Personen zu sammeln, bevor es zu einer Straftat gekommen war.
Prophylaktisch wurden dabei biometrische Daten vor allem von vermeintlichen Regime-Gegnern erfasst. Diese sollten dazu dienen nachzuweisen, wer zum Beispiel regierungskritischen Flugblätter verteilte oder Parolen an Hauswände schrieb. In den meisten Fällen wussten die Personen nichts von der Datensammlung, die Geruchsspuren wurden unter anderem bei konspirativen Hausdurchsuchungen von getragener Kleidung sowie oft berührten Gegenständen oder bei fingierten Verhören heimlich genommen.
Für die Abnahme bei Verhören entwickelte das MfS einen speziellen Stuhl, der mit den sterilen Tüchern bezogen war. Diese ließen sich nach dem Verhör abnehmen und archivieren.
Ähnliche Methoden des Geruchsprobenvergleichs kamen auch in weiteren Ostblockstaaten sowie bei der westdeutschen und der niederländischen Polizei in den 1980er-Jahren zum Einsatz.
Allerdings hatten die Ergebnisse der Geruchsvergleiche mit den Differenzierungshunden keine Beweiskraft, sondern erhärteten lediglich den Tatverdacht. Bis heute haben Geruchsproben lediglich Indizienwert.
Mit dem Aufkommen modernerer biometrischer Verfahren wie Iris-Scans oder DNA-Analysen stellt die Geruchsprobe heute kein wesentliches Mittel kriminalistischer Arbeit dar. Ganz ausgestorben ist die Methode aber keineswegs: 2007 schaffte ein moderner Fall von Geruchsproben in die Schlagzeilen.
Damals nahm die Bundesanwaltschaft im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia Geruchsproben von mehreren G8-Gegnern ab. Das Vorgehen wurde in den Medien stark kritisiert und als Rückkehr zu „Stasi-Methoden“ angeprangert. Die Politik stellte klar, es handele sich keineswegs um präventive Maßnahmen, sondern um konkrete Ermittlungsarbeit.
Die Sammlung der Geruchsproben erfolgt heutzutage oft mit Metallrohren, welche die zu erfassenden Personen anfassen müssen und an denen die Geruchspartikel haften bleiben. Der Vorteil gegenüber anderen biometrischen Merkmalen wie Fingerabdrücken: Geruchsspuren lassen sich kaum vermeiden, da sich auch an der Kleidung der Verdächtigen wie den Handschuhen zu finden sind.
In dieser Tatsache ist wohl der Grund zu sehen, dass die Methode immer wieder zum Einsatz kommt. In Frankreich zum Beispiel arbeitet das Gendarmerie-Institut für Kriminalforschung daran, den Beamten an Tatorten standardmäßig Ausrüstungssets zur Erfassung von Körpergerüchen zur Verfügung zu stellen.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 20.08.2020