Rückblick: Der OTS – Die geheimen Werkstätten der Staatssicherheit

Für die technische Spionageausrüstung der Staatssicherheit der DDR war der Operativ-Technische Sektor (OTS) zuständig. Im Gegensatz zu heutiger Zeit, in der es Spionagetechnik offen im Internet zu kaufen gibt, war die OTS-Technik streng geheim und keine Massenware. Einen seltenen Einblick, wie umfangreich sich das Arbeitsfeld der Geheimdiensttechniker gestaltete, erhielten Besucher im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen und Technikexperten am 25. November 2021 im Deutschen Spionagemuseum.

Technikexperten im Spionagemuseum

Beide Experten können auf jahrzehntelange technische Erfahrung zurückblicken. Prof. Dr. Reinhard Schiffel war unter anderem Leiter der Forschung, Entwicklung und Musterfertigung auf dem Gebiet Elektrotechnik/Elektronik im OTS sowie anschließend Projektmanager und Entwicklungsleiter bei namhaften Unternehmen aus dem Bereich Kommunikations- und Nachrichtentechnik. Auch der Ingenieur Detlev Vreisleben ist Spezialist für Nachrichtentechnik und einer der deutschlandweit bedeutendsten Sammler von Spionagetechnik aus dem Kalten Krieg.

Bild von Florian Schimikowski, Detlev Vreisleben und Prof. Dr. Reinhard Schiffel (v.l.n.r.) auf der Bühne des Veranstaltungssaals des Deutschen Spionagemuseums
Florian Schimikowski, Detlev Vreisleben und Prof. Dr. Reinhard Schiffel (v.l.n.r.)

Im Gespräch mit dem Historiker Florian Schimikowski gaben die Experten Auskunft über die komplexen Strukturen des OTS und die Vielfalt der technischen Entwicklungen. Auch die Zusammenarbeit mit den diversen Abteilungen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sowie die Kooperation mit Technikunternehmen der DDR kamen zur Sprache.

Laut Schiffel gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Technikunternehmen kollegial und gewinnbringend für beide Seiten. Der OTS profitierte von der Expertise der Unternehmen, die Unternehmen finanziell von den Aufträgen des OTS. Eine enge Kooperation bestand mit den Optikwerken VEB Carl-Zeiss in Jena, welche Technik wie Nadelöhrobjektive konstruierte. Diese erlaubten, versteckt in Wänden verbaut, konspirative Einblicke in Räume. Der Kamerahersteller VEB Pentacon in Dresden baute Spionagekameras wie die HFK (Halbformatkamera), die vom OTS speziell für den Einbau in Tarnungen entwickelt wurden.

Spionagetechnik für alle Einsatzbereiche

Der detaillierte Vortrag von Detlev Vreisleben deckte unterschiedlichste Aspekte der OTS-Arbeit ab. Über 1000 Mitarbeiter arbeiteten dort nicht nur an der Entwicklung operativ-technischer Geräte für sämtliche Anforderungen der Spionagearbeit, sondern fertigten auch Ausweise an und analysierten die Technik gegnerischer Geheimdienste. Dafür standen ihnen mit modernster Technik ausgestattete Liegenschaften im Sperrgebiet Berlin-Höhenschönhausen zur Verfügung, wie Schiffel berichtete.

Die Spannbreite der von Vreisleben geschilderten Spionageausrüstung umfasste auch Technik, wie sie Agenten im Auslandseinsatz nutzten. Dazu gehörte die Mikratkamera Uranus M, mit der sich winzige Fotoaufnahmen im Negativformat 1,4 x 2 mm aufnehmen ließen. In Taschenrechnern versteckte Schnellgeber wiederum ermöglichten den geheimen grenzüberschreitenden Informationsaustausch. Zu diesem Zweck kamen auch Lichtsprechgeräte wie das JO-4.03 zum Einsatz, bei denen die über Infrarotstrahlen stattfindende Kommunikation abhörsicher war.

Vortrag zu technischer Spionageausrüstung im Spionagemuseum Berlin

Zur Spionage gegen die DDR-Bevölkerung nutzte das MfS auch Großtechnik wie die CEKO-Anlagen, die das automatische Aufzeichnen von Telefongesprächen erlaubten. An Grenzanlagen durchleuchtete man mit Gammastrahlen-Detektoren unbemerkt Autos nach Flüchtlingen, die sich in Kofferräumen versteckt hatten. Eine gesundheitliche Gefahr für die so ausspionierten Personen war laut Schiffel nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aber nicht gegeben.

Die erwähnten Objekte stellen nur einen kleinen Teil der präsentierten Spionagetechnik dar. Viele Details mussten aufgrund der Fülle der Objekte auf der Strecke bleiben. Es verwunderte daher wenig, dass seitens des Publikums der Wunsch geäußert wurde, eine derartige Veranstaltung bald zu wiederholen. Ein Wunsch, dem das Deutsche Spionagemuseum gerne nachkommt.


Auch die nächste Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum beschäftigt sich mit dem Berlin in der Zeit des Kalten Krieges. Zeitzeugen und Experten berichten, wie sich ein dramatischer Flugzeugabsturz im Jahr 1966 als Glücksfall für den britischen Geheimdienst erweisen sollte.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 08.12.2021