Der kleine Spionagerückblick 2021

Es ist fast schon Tradition: Da wir über die großen Spionagenews im Laufe des Jahres regelmäßig berichten, wenden wir uns im kleinen Spionagerückblick zum Jahresende jenen Nachrichten aus dem Spionagemetier zu, die im Strom der täglichen Nachrichtenflut vielleicht untergegangen sind. Der besondere Fokus dieses Jahr liegt auf Spionageaktivitäten in Deutschland.

GRU-Spionage gegen Bundestag

Im Februar erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen einen 56-jährigen Potsdamer. Er soll Grundrissdateien von Liegenschaften des Bundestags an den russischen Militärgeheimdienst GRU weitergegeben haben. Der Elektrotechniker war bei einem Unternehmen angestellt, das wiederholt für den Bundestag gearbeitet hatte und daher im Besitz der Unterlagen war. Im Oktober wurde der Mann wegen Agententätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Reichstag in Berlin [KK nationsonline, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons]

Bundestag lässt Staatstrojaner zu

Am 10. Juni verabschiedete der Bundestag Gesetzesänderungen, die der Bundespolizei und dem Verfassungsschutz den Einsatz von sogenannten Staatstrojanern ermöglichen. Mit dieser Spionagesoftware lassen sich Handys und Computer hacken. Zudem ist es möglich, die Verschlüsselung von Messaging-Anwendungen wie WhatsApp und Signal zu umgehen.

Die Software kann nun auch „präventiv“ und ohne „strafprozessuale Maßnahme“ angewendet werden. Der Schritt wurde unter anderem damit begründet, dass es notwendig sei, die verschlüsselte Kommunikation von Extremisten und Terrorverdächtigen überwachen zu können. Datenschützer und Menschenrechtsorganisationen sehen den Schutz der Privatsphäre in Gefahr.

Industriespionage in Augsburg

Ebenfalls im Juni wurde ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Materialforschung der Uni Augsburg festgenommen. Der russische Staatsbürger Ilnur N. beschäftigte sich dort vor allem mit der Untersuchung von hybriden Werkstoffen, wie sie beim Flugzeug- oder Fahrzeugbau zur Anwendung kommen. Gegen Bargeld soll er sich mehrmals mit Mitarbeitern eines russischen Auslandsgeheimdienstes getroffen und Forschungsinformationen der Universität übergeben haben.

Politologe spioniert für China

Die Bundesstaatanwaltschaft erhob am 6. Juli Anklage gegen einen Politologen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für eine fremde Macht. Der Lebenslauf des Spions liest sich außergewöhnlich: Offiziell war der Asienexperte unter anderem bei der Hanns-Seidel-Stiftung als Referent für internationale Sicherheitspolitik beschäftigt – während er gleichzeitig über Jahrzehnte hinweg als Informant des BND diente.

Seit 2010 kam der Anklage zufolge ein weiterer Arbeitgeber dazu: der chinesische Geheimdienst. Auch wenn dieser neue Kontakt anfangs in Absprache mit dem BND erfolgte, scheint sich das Verhältnis verselbständigt und immer weiter der Kontrolle des BND entzogen zu haben. Als Gegenleistung für den regelmäßigen Informationsfluss nach Peking erhielt der Politologe vor allem kostenlose Reisen.

Spionage in britischer Botschaft

Ein Mitarbeiter der britischen Botschaft wurde im August unter dem dringenden Tatverdacht der Spionage verhaftet. Er soll Agenten russischer Geheimdienste gegen Geld mindestens einmal Dokumente ausgehändigt haben, an die er bei seiner Arbeit in der Botschaft gelangte. Die Ermittlungen waren eine Kooperation deutscher und britischer Behörden.

Britische Botschaft in Berlin
[Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons]

Türkischer Spion in Düsseldorf

Nachdem im September ein Türke in einem Hotel in Düsseldorf wegen dem Tragen einer Waffe aufgefallen war und festgenommen wurde, fanden die Ermittler in dessen Zimmer neben 200 Schuss Munition einen Zettel mit den Namen mutmaßlicher Mitglieder der Gülen-Bewegung.

Aktuell ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen den Mann. Es besteht der Verdacht, dass er im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT Personen der von der türkischen Regierung verfolgten Gülen-Bewegung ausspionieren sollte.

Spionin für Verschwörungstheoretiker enttarnt

Im November enttarnte die Generalstaatanwaltschaft einen Maulwurf in den eigenen Reihen. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Behörde steht unter dem Verdacht, Informationen an den Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann weitergeleitet zu haben. Dabei handelte es sich um Details zu laufenden Ermittlungen gegen Hildmann. Die Mitarbeiterin war durch ihre Kontakte zur Querdenker-Szene polizeilich aufgefallen.

Warnung vor spionierenden Weihnachtsgeschenken

Zum Abschluss noch eine Spionagenachricht, die sich nicht nur an Agenten, sondern auch an Normalverbraucher richtet: Die Bundesnetzagentur warnt vor smarten Weihnachtsgeschenken, die in der Lage seien, die Besitzer auszuspionieren.

Verbotene Kinder-Smartwatch Q90
[Sammlung Deutsches Spionagemuseum]

Die Gefahr entstehe dadurch, dass Bild- oder Audiodateien kabellos an Dritte übertragen werden, ohne dass der Aufgenommene davon Kenntnis hat, oder das auf die Geräte heimlich von extern zugegriffen werden kann. Ein Artikel in unserem Blog bietet einige Tipps für den sicheren Umgang mit smartem Spielzeug.


Dieser knappe und keineswegs vollständige Überblick macht deutlich, wie vielfältig und aktiv die Spionageaktivitäten im Jahr 2021 in Deutschland aussahen. Dabei zeigt sich auch, dass bei allen Möglichkeiten der technischen Spionage der menschliche Agent immer noch ein elementarer Bestandteil geheimdienstlicher Arbeit ist.

Das Deutsche Spionagemuseum wird auch im nächsten Jahr im Rahmen der Erweiterung der Dauerausstellung sowie mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm spannende neue Einblicke in die Welt der Spionage der Vergangenheit und Gegenwart bieten. Wir wünschen allen Besuchern und Freunden des Museums einen guten Rutsch und freuen uns auf ein Wiedersehen im Jahr 2022! 

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 30.12.2021