Die Jahrhunderte alte Beziehung zwischen katholischer Kirche und Spionage hat ein neues Kapitel. Geleakten Dokumenten zufolge soll Papst Franziskus im Zusammenhang mit einem Prozess um einen millionenschweren Immobilienbetrug seine Zustimmung zur Spionage gegen einen Briten gegeben haben.
Der Prozess dreht sich um eine fehlgeschlagene Investition des Vatikans in Millionenhöhe. Dabei sollte ein ehemaliges Lagerhaus in London in Luxuswohnungen umgewandelt werden. Allerdings fiel der Vatikan auf die Betrugsmasche des Investmentbankers Raffaele Mincione herein und der vermeintlich lukrative Deal löste sich in Luft auf. Die Verluste waren massiv, der Vatikan musste die Immobilie schließlich mit einem Verlust von 100 Millionen Euro verkaufen.
Mincione muss sich nun wegen Veruntreuung, Betrug, Amtsmissbrauch, Unterschlagung und Geldwäsche vor Gericht verantworten. Er selbst hat wiederholt jegliches Fehlverhalten abgestritten.
Jetzt sind Hunderte von geleakten Dokumenten aufgetaucht. Diese offenbaren die Rolle des Papstes bei der Genehmigung von geheimen Abhörmaßnahmen gegen Mincione. Die geleakten Dokumente liegen der Times vor, in der die Meldung zuerst veröffentlicht wurde. Demnach ordnete Papst Franziskus im vergangenen Jahr angeblich „die Einführung von technologischen Instrumenten an“. Diese sollten dazu dienen, „feste und mobile Geräte sowie jede andere Kommunikation, einschließlich der elektronischen, abzuhören“.
Papst Franziskus soll den Dokumenten zufolge Beamte des Vatikans ermächtigt haben, die Abhörtechnik gegen Raffaele Mincione einzusetzen. Eine Genehmigung eines britischen Richters wurde dazu nicht eingeholt – obwohl Mincione britischer Staatsbürger ist. Wegen des angeblich unangemessenen Vorgehens des Vatikans haben Minciones Anwälte das Innenministerium schriftlich aufgefordert, nicht mit den Ermittlern zu kooperieren.
Neu ist die Verbindung von katholischer Kirche und Spionage nicht. Schon in der Bibel finden sich mehrere Erzählungen mit Spionagebezug. Zu den bekanntesten gehört jene über die Kundschafter, die Mose und Josua aussandten, um das Gelobte Land zu erkunden. In den späteren Jahrhunderten verfügte der Vatikan lange über das größte Kommunikationsnetzwerk der Welt. Der Nachrichtenaustausch zwischen Klöstern, Bistümer und Vatikan wurde oft in den Dienst der Spionage gestellt. Auch führende frühe Kryptografen wie Leon Battista Alberti standen im Dienst des Vatikans.
Allerdings ließ der Vatikan nicht nur spionieren, sondern wurde auch ausspioniert. Ein begehrtes Spionageobjekt östlicher Geheimdienste war Papst Johannes Paul II, vor allem wegen seiner polnischen Herkunft. In jüngere Zeit kam es unter dem Begriff Vatileaks immer wieder zu Veröffentlichungen interner Dokumente des Vatikans. Zur Herkunft der nun aufgetauchten Dokumente hat die Times bisher keine Angaben gemacht.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 25.07.2022