Das Spionagehandwerk umfasst neben dem Sammeln von geheimen Informationen auch den Einsatz diverser Methoden, um Feinde zu schwächen. Zu diesen Methoden zählen unter anderem gezielte Täuschungsmanöver. Neuesten Berichten zufolge kommen diese auch im Ukraine-Krieg zum Einsatz. Wir gehen auf Spurensuche nach berühmten militärischen Täuschungsmanövern der Geschichte.
Dass auch heute noch zum Teil erstaunlich simple Täuschungsmethoden zum Einsatz kommen, machten Anfang der Woche Pressemeldungen zum Ukraine-Krieg deutlich. Laut dem britischen Militärnachrichtendienst Defence Intelligence landeten demnach russische Hubschrauber regelmäßig an Orten, die auf den ersten Blick nicht als Landeplatz taugen: nämlich geparkten russischen Kampfflugzeugen.
Wie sich jedoch zeigte, zerstörten die Hubschrauberpiloten damit eine Illusion, welche eigentlich hinsichtlich der Größe und Standorte der russischen Luftflotte täuschen sollte. Die Kampflugzeuge waren lediglich auf den Boden der Landeflächen aufgemalt worden. Beim oberflächlichen Erfassen des Landeplatzes durch Luftbildfotografie funktioniert die Illusion und die Flugzeuge wirken real. Durch das unbedachte Abstellen der Hubschrauber allerdings lassen sich die aufgemalten Flugzeuge enttarnen, erfassen und verlieren ihren taktischen Wert.
Die Taktik, den Gegner derart zu täuschen und in die Irre zu leiten, lässt sich historisch weit zurückverfolgen. Im Jahr 326 n. Chr. konnte Alexander der Große mit seinem Heer einen Fluss nicht überqueren, weil der indische König Porus den Flussübergang blockierte. Alexander verlies mit einem Teil seiner Truppen heimlich das Lager, sorgte aber dafür, dass alle Lagerfeuer weiterbrannten, um den Eindruck zu erwecken, es sei immer noch voll besetzt. Heimlich überquerte Alexander an anderer Stelle den Fluss, griff Porus überraschend an und siegte.
Im Mittelalter verfolgten die Mongolen eine raffinierte Taktik, wenn sie sich einem zahlenmäßig überlegenden Gegner gegenübersahen: Sie schickten Truppen hinter die eigenen Linien, welche ihren Pferden Zweige an die Schweife banden und damit große Staubwolken aufwirbelten. Der Gegner sah diese Staubwolken und dachte, sie stammen von einer anrückenden mongolischen Verstärkung. Da viele mongolische Krieger zwei Pferde mitführten, ließen sie zudem ihr Heer größer erscheinen, indem sie Puppen auf dem Ersatzpferd befestigten.
Auch die Täuschungsmethode, bei der man Modelle von Waffen zu baut, um das eigene Waffenarsenal größer erscheinen zu lassen, hat viele Beispiele. Im Amerikanischen Bürgerkrieg nutzte der Konföderierten-Kommandeur John B. Magruder 1862 während der Belagerung von Yorktown nachgebaute Kanonen, die zum Teil nur aus einfachen Holzstämmen bestanden. Zudem ließ Magruder seine Offiziere lauthals sinnlose Befehle brüllen, um seine Streitmacht nicht nur optisch sondern auch akustisch größer wirken zu lassen. Nachgebaute gefälschte Flakgeschütze kamen auch im Ersten Weltkrieg zum Einsatz.
Die wohl größte Täuschungsaktion führten die Alliierten während des Zweiten Weltkriegs im Rahmen der Operation Fortitude aus. Das Ziel war es, die Deutschen hinsichtlich des Landungsplatzes der großen geplanten Offensive in Europa zu täuschen. Operation Fortitude bestand aus mehreren Unteroperationen: In Schottland bauten die Amerikaner dafür im Rahmen der Operation Quicksilver eine fiktive Armee aus Attrappen auf. Es umfasste Flugzeuge, Artilliere und Panzer – allesamt aus Holz, Pappe und Gummi. Eine weitere Attrappen-Armee „bedrohte“ Calais.
Doch mit der Stationierung von Panzerattrappen war es nicht getan. Zusätzlich wurden hunderte fingierter Funksprüche abgegeben, in denen es um eine Invasion der Alliierten ins von Deutschland besetzte Norwegen ging. Die Operation Fortitude hatte entscheidenden Anteil daran, dass deutsche Truppen an der Nord- und Ostseeküste verteilt blieben und nicht konzentriert zur Verteidigung eingesetzt werden konnten.
Übrigens sind die anfangs erwähnten russischen Flugzeugtäuschungen nicht die einzigen Attrappen im Ukraine-Krieg. Panzerattrappen wurden auch von ukrainischer Seite genutzt, damit russische Einheiten diese attackieren und so Ressourcen verschwenden.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 18.04.2024