Es ist bis heute eines der spektakulärsten und obskursten Geheimdienst-Projekte überhaupt: Im Rahmen von MKUltra führte die CIA fast 20 Jahre lang tausende Menschenversuche durch. Wurde die CIA auf der Suche nach dem ultimativen Wahrheitsserum fündig und kann nun das Bewusstsein anderer Personen kontrollieren?
Nach wenig erfolgreichen Vorgänger-Projekten startete MKUltra auf Anweisung des damaligen CIA-Leiters Allen Dulles am 14. April 1953. Die Leitung des Projekts übernahmen dessen Stellvertreter Richard Helms und der CIA-Chemiker Sidney Gottlieb. Das Wort Ultra ist eine Anlehnung an die höchste Geheimhaltungsstufe der Geheimdienste im Zweiten Weltkrieg. Im damaligen Geheimprojekt ULTRA knackten Briten und Amerikaner im Zweiten Weltkrieg die Verschlüsselung der deutschen Kommunikation.
Das Ziel war es, Gedankenkontrolltechniken zu perfektionieren und eine wirksame Wahrheitsdroge zu entwickeln. Dabei ging es darum, das vorhandene Bewusstsein einer Person zu löschen, anschließend neu zu programmieren und so die Kontrolle über die Person zu erhalten. Die CIA wollte diese Erkenntnisse vor allem gegen gefangene sowjetische Spione einsetzen, denn Angst vor Sowjetspionen und dem Kommunismus generell hatte zu Beginn von Projekt MKUltra in den USA teilweise hysterische Ausmaße angenommen.
Außerdem wollte die CIA herausfinden, ob man die Drogen im Rahmen von verdeckten Operationen einsetzen könnte. Man hoffte auf diese Weise zum Beispiel hochrangige Gegner zu diskreditieren, indem man sie bei öffentlichen Reden oder wichtigen Treffen unter Drogeneinfluss setzt.
Der Maßnahmenkatalog von MKUltra war umfangreich, das Projekt gliederte sich in fast 150 kleinere Unterprojekte. Dazu gehörten psychologische Programme, die Entwicklung und Tests von Wahrheitsdrogen, Elektroschocktherapien oder auch Hypnose. Federführend lief das Projekt über das Office of Scientific Intelligence (OSI) der CIA, in enger Kooperation mit dem U.S. Army Biological Warfare Laboratories. Über Tarnfirmen wurden zudem externe Experten aus dem naturwissenschaftlichen und medizinischen Bereich angeworben.
Die Zahl der Versuche an Menschen gehen in die Tausende. Diese wurden neben psychoaktiven Drogen (v.a. LSD) auch Giften, Hypnose, Psychotherapien, Elektroschocks und Krankheitserregern ausgesetzt. Allerdings erfuhren nur wenige von ihrer Funktion als Versuchskaninchen. Die Testpersonen wurden oft gezielt dahingehend ausgewählt, dass sie einem Umfeld entstammten, welches es ihnen sehr schwer machte die CIA im Nachhinein zu belangen.
Dank der umfangreichen Netzwerke griff die CIA dabei vor allem auf Personen zurück, die an Universitäten und Krankenhäusern arbeiteten, sich in ärztlicher oder psychologischer Behandlung befanden oder auf Prostituierte und Gefängnisinsassen. Auch eigenes Personal, dass der Kooperation mit feindlichen Geheimdiensten verdächtigt wurde, musste Befragungen unter Drogeneinfluss über sich ergehen lassen. Häufig unerwähnt bleibt die Tatsache, dass man viele Substanzen vor den Menschenversuchen zudem an Tieren testete.
An den Folgen der Tests litten viele Betroffene körperlich und psychisch stark. Außerdem kam es zu einigen Todesfällen, entweder durch direkte Reaktionen auf Medikamente oder durch Suizide infolge der Behandlungen. Der berühmteste Todesfall ist der von Frank Olsen, einem Biochemiker der US-Army, dem von Gottlieb bei einem Treffen ohne sein Wissen LSD verabreicht wurde. Neun Tage später stürzte er aus bis heute nicht geklärten Umständen aus einem Hotelzimmer in den Tod.
Die Erlebnisse der Drogentests verarbeitete Ken Kesey zu seinem berühmten Roman „Einer flog übers Kuckucksnest“. Kesey arbeitete damals als Aushilfe in der Psychiatrieabteilung eines Krankenhauses. Er hatte in dem Glauben, dass es sich dabei um eine wissenschaftliche Studie handelte, an den Tests teilgenommen.
Offiziell wurde MKUltra 1973 eingestellt. Die Aufarbeitung des Programms ist nur lückenhaft möglich. Richard Helms, der seit 1966 der CIA vorstand, hatte den Befehl zur Vernichtung der MKUltra-Akten gegeben. Die Tatsache, dass dennoch etwa 20.000 Dokumente die Vernichtung überstanden haben, macht den Umfang des Gesamtprojekts deutlich. Auch mehrere staatliche Untersuchungskommissionen, die sich seit Mitte der 1970er-Jahre mit dem Projekt beschäftigten, konnten nur teilweise Licht ins Dunkel bringen.
Nach den bisherigen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass MKUltra trotz des immensen Aufwandes keine nennenswerten Fortschritte auf dem Gebiet der Bewusstseinskontrolle vorweisen konnte. Allgemein sind Experten heutzutage der Meinung, dass die bei MKUltra angestrebte Art der Bewusstseinskontrolle nicht realistisch durchzuführen ist. Ein mageres Ergebnis angesichts der Tatsache, dass das Projekt nach aktuellen Schätzungen etwa 10 Mio. US-Dollar (heutiger Gegenwart ca. 87,5 Mio. US-Dollar) kostete.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 13.04.2021