Geschichte der Spionage

Obervations-Trabi und Pärchen im Hintergrund

Wissen ist Macht – das war schon den Menschen der Antike bewusst. Die Arbeit von Spionen lässt sich viele Jahrtausende in der Menschheitsgeschichte zurückverfolgen. Schon immer waren Machthaber an militärischen, politischen oder wirtschaftlichen Informationen sowohl von anderen Reichen als auch aus dem Inneren des eigenen Landes interessiert. Während sich also die Gründe für Spionage im Laufe der Zeit kaum verändert haben, entwickelten sich die Mittel und Methoden von Agenten und Spionen doch stark weiter.

Augen und Ohren überall: Agenten im Altertum

Geschichte der Spionage
Von der Antike bis heute – die Geschichte der Spionage entdecken

Die ersten Großreiche der Antike boten mit ihrem umfangreichen Beamtenapparat beste Voraussetzungen zur Spionage. Die Ägypter bezeichneten in der Phase des „Neuen Reiches” (1550-1070 v. Chr.) die für solche Aufgaben zuständigen Beamten als „die Augen des Pharao”, die ihm alles berichteten, was in- und außerhalb des Reiches vor sich ging. Ganz ähnlich wird für den Perserkönig Kyros den Großen (ca. 590-530 v. Chr.) erwähnt, er habe „viele Augen und Ohren” gehabt, also Agenten, die für ihn Informationen sammelten.

Die Bedeutung, welche der Spionage bereits früh beigemessen wurde, zeigt sich auch in der Tatsache, dass der chinesische General Sunzi (ca. 554-496 v. Chr.) diesem Thema in seiner bis heute bedeutenden Schrift „Die Kunst des Krieges” ein eigenes Kapitel widmete.

Auch Griechen und Römer bedienten sich geheimdienstlicher Mittel. Dabei haben allerdings gerade die für ihr Organisationstalent bekannten Römer den Wert von Spionage erst auf schmerzhafte Art im Kampf gegen den karthagischen Feldherrn Hannibal im Zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.) kennengelernt. Trotz militärischer Unterlegenheit war es Hannibal auch wegen seiner Spionage-Netzwerke und gezielt gestreuten Falschinformationen gelungen, den Römern einige empfindliche Niederlagen zuzufügen.

Die Römer lernten schnell und wurden bald Meister des Spionage-Metiers. Immerhin leitet sich das Wort „Spionage” aus der römischen Sprache ab: Es stammt von dem lateinischen „spicere” (dt. sehen, schauen, spähen) und auch die Bezeichnung für das Wort „Agent” findet sich in römischer Zeit: Beamte, die geheimdienstliche Aufgaben wahrnahmen, hießen „agentes in rebus”, was man in etwa mit „Personen, die in Angelegenheiten handeln” übersetzen könnte. Diese etwas schwammige Umschreibung passt gut zur Spionage, bei der viele der behandelten „Angelegenheiten” eben nicht klar definiert und öffentlich sind.

Kirche und Schwarze Kammern: Spione für Kaiser und Könige

Im Mittelalter dienten den Herrschern in Europa vor allem Geistliche als Agenten. Die Voraussetzungen dafür waren ideal: Die Kirche verfügte über ein europaweites Netz aus Standorten wie Bischofssitze oder Klöster, die über ein Kuriersystem verbunden waren. Die Geistlichen waren zudem des Schreibens mächtig und beherrschten zum Teil mehrere Sprachen. Beste Voraussetzungen zum Sammeln und Weiterleiten von Informationen.

Ab dem 15. Jahrhundert wurde Spionage immer professioneller betrieben. Nachdem die Agenten zuvor eher „nebenbei” spionierten, erforderten die Fortschritte in bestimmten Disziplinen der Spionage, etwa der Kryptografie, zunehmend den Einsatz von Experten. In England entstand unter Königin Elisabeth I. (1533-1603) der erste institutionalisierte Geheimdienst. Er hatte erheblichen Anteil daran, mehrere Anschläge und Umsturzpläne gegen die Königin aufzudecken und so die Herrschaft Elisabeths zu sichern.

In dieser Zeit agierten fast alle Diplomaten, die an den europäischen Königshöfen verkehrten, insgeheim auch als Spione. In Frankreich überwachte Kardinal Richelieu (1585-1642) daher mit dem „Cabinet Noir” (dt. „Schwarze Kammer”) den Briefwechsel von Diplomaten und politisch verdächtigen Personen. Dieses frühe System der Postüberwachung wurde schließlich durch die „Geheime Ziffernkanzlei” in Wien perfektioniert, die von 1716 bis 1848 bestand und für das Haus Habsburg spionierte. Die Fachkräfte solcher Institutionen waren in der Lage, versiegelte Briefe ohne Spuren zu öffnen und wieder zu verschließen. Außerdem beherrschten sie die meisten der damals gängigen Kryptografie-Verfahren. Kaum ein zu Papier gebrachtes Geheimnis war vor ihnen sicher.

Spionagetechnik und Geheimdienste ab dem 19. Jahrhundert

Neue technische Entwicklungen wie Telegraf, Telefon, Fotografie und später Luftfahrt veränderten ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Arbeit von Spionen und Geheimdiensten nachhaltig. Informationen ließen sich nun auf völlig neue Art, etwa durch Fotoaufnahmen, sammeln. Zudem beschleunigte sich die Übertragung der Daten immens. Die technische Spionage gewann zunehmend an Bedeutung.

In den beiden Weltkriegen erwiesen sich die Geheimdienste oft als entscheidendes Mittel, um den Kriegsverlauf zu beeinflussen. Wiederholt war dies vor allem durch kryptografische Erfolge möglich, das prominenteste Beispiel ist das Entschlüsseln der deutschen Chiffriermaschine „Enigma“ durch den britischen Geheimdienst. Auch ließen sich relevante Informationen durch die frühe Luftbildfotografie mit Ballons, Tauben oder Flugzeugen sammeln.

Der anschließende Kalte Krieg war geprägt von massiven Spionage-Operationen sowohl von westlicher als auch von östlicher Seite. Die Sowjetunion spionierte das Geheimnis der amerikanischen Atombombe aus, US-Spionageflugzeuge wie die Lockheed U-2 machten Luftaufnahmen aus Höhen von mehr als 20.000 Metern, Geheimdienste waren weltweit in Propagandaktionen und Regierungsumstürze involviert. Bei mehreren Gelegenheiten hatten die von Spionen gelieferten Informationen direkten Einfluss auf die Geschichte des Kalten Kriegs.

Das geteilte Berlin als Frontstadt des Kalten Kriegs entwickelte sich in dieser Zeit aufgrund seiner einzigartigen Situation zur „Hauptstadt der Spione”. Nirgendwo sonst trafen Ost und West so direkt aufeinander wie hier. Über Grenzschleusen spionieren Ost-Agenten im Westen, während Amerikaner und Briten Spionagetunnel und hochtechnisierte Abhörstationen errichten. Berlin war zudem Schauplatz der wichtigsten Agentenaustausche im Kalten Krieg. 

Terrorismus und Digitalität: Spionage in der Gegenwart

Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks in den frühen 1990er-Jahren hat sich die Aufgabenverteilung für Geheimdienste verschoben. Spätestens seit den Angriffen auf die USA am 11. September 2001 entwicklete sich die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu einem der wichtigsten Arbeitsfelder. Dieses dient den Regierungen oft als Argument für die spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 bekannten Programme zur automatisierten Massenüberwachung.

Das Medium Internet mit seiner stetig wachsenden Menge an Informationen, die mit der alltäglichen Nutzung durch viele Milliarden Menschen entstehen, bietet für Geheimdienste Licht und Schatten. Es ist sowohl eine wertvolle neue Quelle als auch eine extreme Arbeitsbelastung.

Um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen sich Geheimdienste im 21. Jahrhundert wandeln. Bei der Anwerbung gut ausgebildeter IT-Fachkräfte stehen sie in Konkurrenz mit zahlungskräftigen Unternehmen und sind angehalten, nun gezielte Imagearbeit zu betreiben. Dazu ist es notwendig, dass sie mehr Öffentlichkeit wagen als zuvor – der Nimbus des Geheimen schwindet.

Außerdem wird das gezielte Sammeln und Auswerten von Informationen im digitalen Zeitalter auch in großem Ausmaß von privaten Unternehmen betrieben. Spionage ist weit in die Privatsphäre der Menschen eingedrungen und Teil des Alltags geworden – mit vielen Vorteilen, aber auch Schattenseiten.

Geschichte im Deutschen Spionagemuseum erleben

Die zahlreichen interaktiven Installationen dieses Berliner Geschichtsmuseums machen Spionagetechnik und das Agentenhandwerk für jeden Besucher erlebbar – egal ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene.

Chiffriercodes und Geheimschriften

Erlebnis: Entschlüsseln

Mehrere interaktive Stationen im Museum widmen sich zum Beispiel dem Spezialgebiet Kryptografie und Geheimschriften: Die Besucher lernen uralte Verschlüsselungstechniken wie die Skytale oder die Chiffrierscheibe kennen, entdecken unsichtbare Geheimschriften und schreiben mit Geheimtinte.

Im 20. Jahrhundert entwickelten sich diese Techniken rasch weiter, wie die Besucher erfahren, wenn Sie Nachrichten wie bei der legendären Enigma-Chiffriermaschine aus dem 2. Weltkrieg ver- und entschlüsseln. Als Museum in Berlin spielt in der Ausstellung natürlich auch der Kalte Krieg eine bedeutende Rolle – immerhin war Berlin die Hauptstadt der Spione. Wie die damaligen Agenten knacken die Besucher kryptische, im Radio abhörbare Zahlencodes und finden auf Alltagsgegenständen versteckte winzige Fotografien, sogenannte Mikropunkte.

Mentales und körperliches Agententraining 

©Laessig

Neben viel Technik kommt es auch auf die mentale Stärke der Agenten an. Wie gut die Besucher ihre Geheimidentität als Agent verbergen können, testen sie am interaktiven Lügendetektor oder in einem Quiz, bei dem es darum geht, sich aus kniffligen Situationen herauszureden. 

Im Rahmen eines spielerischen Observationstrainings erfährt man, wie man Personen unauffällig beschattet und wann es besser ist, geduldig abzuwarten. Passend zur Beobachtung aus der Ferne gibt es auch eine Station, an der man seine Fähigkeiten im Lippenlesen beweisen muss.

Scharfsinn und Feingefühl sind gefragt, wenn die Besucher in einem Büro aus den 60er-Jahren mit einem Wanzensuchgerät nach versteckter Abhörtechnik suchen. Diese Qualitäten helfen auch an anderen interaktiven Stationen, etwa wenn es darum geht, einen soliden Tresor zu knacken, zerschnittene Akten wieder zusammenzufügen, einen Morsecode exakt zu tippen oder den feindlichen Funkverkehr abzuhören.

Besonderen körperlichen Einsatz erfordert der Laserparcours. Hier haben die Besucher die Möglichkeit, wie James Bond die Welt zu retten. Dazu müssen sie einen Steuerungsserver für Raketen rechtzeitig vor dem Abschuss erreichen, ohne dabei die Alarmanlage aus Laserstrahlen auszulösen.

Datenschutz im digitalen Alltag

Das Deutsche Spionagemuseum beschäftigt sich als historisches Museum in Berlin sowohl mit der Vergangenheit als auch intensiv mit der Gegenwart. An mehreren interaktiven Stationen informieren sich die Besucher über aktuelle Spionage und wie sie ihre Privatsphäre gegen diese schützen können.

Ein Passwort-Hacker testet die Qualität des persönlichen Passworts. An einer weiteren Station prüfen sie, ob ihre Mailadresse bereits in den gewaltigen Datenmengen vergangener Leaks zu finden ist. Besonders relevant und sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart verwurzelt ist das Quiz zu Verschwörungstheorien. Wer kann sicher zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden?

Werkzeuge der Spionage: Die Sammlung

Die Kreativität, mit der Spione und Geheimdienste im Laufe der Geschichte immer wieder neue Wege gefunden haben, raffinierte Spionagetechnik und Agentenausrüstung zu entwickeln, gehört zu den faszinierendsten Aspekten der Spionagewelt. Das Deutsche Spionagemuseum besitzt eine der weltweit größten Sammlung an originaler Spionagetechnik, die ständig erweitert wird. Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln sind die Aufgaben eines jeden historischen Museums. Keine dieser Aufgaben ist ohne die Sammlung durchführbar, sie bildet die Grundlage für jede Museumsarbeit.

Spionagetechnik aus mehreren Jahrhunderten

Gegenwärtig präsentiert die Dauerausstellung über 400 Exponate aus mehreren Jahrhunderten. Dabei zeigt sich auch immer wieder, dass die Schwerpunkte der Spionage sich kaum veränderten, sondern sich mit der jeweils modernsten Technik stetig weiterentwickelten. So ist eines der ältesten Objekte ein Buch über Kryptografie aus dem Jahr 1703, eines der neuesten Exponate ist ein digitales Chiffriergerät aus dem 21. Jahrhundert. Über drei Jahrhunderte trennen diese beiden Objekte, beide dienten zur geheimen Verschlüsselung von Informationen. 

Die spezielle Kameratechnik der Spione stellt eine der wichtigsten Objektkategorien dar: Angefangen mit seltenen frühen Spionagekameras vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu raffinierten Miniaturkameras des Kalten Kriegs. Genauso relevant sind die Objektkategorien Audio- und Funktechnik mit ausgeklügelt konstruierten Agentenfunkgeräten und Wanzenverstecken, die Chiffriertechnik, zu der in der Dauerausstellung des Spionagemuseums unter anderem zwei Exemplare der weltberühmten Enigma zu sehen sind, und die geheimdienstlichen Container, also perfekt getarnte Geheimverstecke in Alltagsgegenständen zum Lagern von Dokumenten oder Mikrofilmen sowie zum Installieren von Überwachungstechnik.

Auch wenn Waffen entgegen der Darstellungen in Agentenfilmen in der Spionage eine eher untergeordnete Rolle spielen, so bietet doch diese Kategorie ganz eigenständige Einblicke in die Kreativität der Geheimdienstechniker. Ein stetig wachsender Sammlungsbereich widmet sich zudem der digitalen Welt, von denen sich viele Spionageobjekte in den Wohnraum integriert als Alltagsgegenstände wiederfinden –  Stichwort Smart Home.

Um einen detaillierteren Eindruck der Sammlungstätigkeit des Museums zu vermitteln, stellen wir an dieser Stelle ausgewählte Objekte aus unseren Sammlungsbeständen vor.