Das chinesische Ministerium für Staatssicherheit beschuldigt „fremde Mächte“, Spionage mit Meeresbojen zu betreiben. Doch zu was genau können Spionagebojen auskundschaften? Und wer setzt sie ein?
Die über WeChat verbreitete Meldung des chinesischen Geheimdiensts enthält kaum Details zu den nautischen Spionageobjekten. Sie beschuldigt „ungenannte ausländische Mächte“, Meeres- und Wetterbeobachtungsbojen als Spionagetechnologie zu benutzen. Wie es in der Bekanntmachung heißt, nutzen „einige feindliche ausländische Kräfte sie als ‚stille Wächter‘ und ‚Spione‘ in der Tiefsee und versuchen, uns sensible Meeresdaten zu stehlen.“
Der Geheimdienst ruft die Öffentlichkeit dazu auf, Meeresbojen zu identifizieren und zu melden, die möglicherweise von ausländischen Militäreinheiten genutzt und gegen U-Boote eingesetzt werden könnten. Die öffentliche Wachsamkeit sei von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheitsintegrität Chinas.
Es ist nicht das erste Mal, das sich China Sorgen um Spionage vor der eigenen Küste macht. Erst im Juni dieses Jahres hatte man eine mutmaßliche U-Boot-Spürsonde der US-Marine im Südchinesischen Meer geborgen. Letztes Jahr warf China dem australischen Militär vor, spionierende Sonobojen in der Nähe chinesischer Marineschiffe eingesetzt zu haben.
Zur Spionage werden Sonobojen eingesetzt, auch Solarbojen oder Horchbojen genannt. Diese spüren mit speziellen Unterwassermikrofonen Schallquellen wie U-Boote oder andere Schiffe unter Wasser auf. Es gibt drei Arten von Sonobojen:
Schon in den 1950er-Jahren sammelte die USA Informationen in den Weltmeeren. Das Sound Surveillance System bestand aus Bojen mit Unterwassermikrofonen, die fest am Meeresgrund verankert waren, um sowjetische U-Boot-Bewegungen aufzuzeichnen. Während dem Kalten Krieg setzte die US Navy jedes Jahr zudem tausende mobiler Sonobojen ein, die zumeist von Flugzeugen abgeworfen wurden.
Häufig ist es schwer, zwischen reinen Spionagebojen, solchen zu wissenschaftlichen Forschungszwecken und nautischen Navigationsbojen zu unterscheiden. Ozeanbojen sind vielseitige technische Geräte zur Meeresbeobachtung. Ihre Haupfaufgaben sind die Überwachung von ozeanografischen Bedingungen, Wasserqualität und Wetterdaten.
An Land angespülte Bojen sorgen daher immer wieder für wilde Spekulationen, die vom Spionageverdacht bis hin zu Alientheorien reichen. 2023 verursachte eine große Metallkugel an einem Strand in Japan viel Aufregung, bevor sich herausstellte, dass es sich um eine Ankerboje für Hochseeschiffe handelte.
Wie vielseitig einsetzbar und technisch raffiniert moderne Bojen sind, zeigt sich am Beispiel einer kanadischen Forschungsboje, die 2004 vorgestellt wurde. Das als Stealth-Boje bezeichnete Gerät wartet am Meeresgrund, bis sie von den Geräuschen vorüberziehender Schiffe oder Tiere aktiviert wird. Dann steigt sie nach oben, um die Informationen zu senden, und sinkt anschließend wieder hinab.
Sie dient sowohl dazu, Schmuggler aufzudecken als auch Bewegungen von Walen und Delfine aufzuzeichnen. Ausgestattet mit den richtigen Sensoren und der entsprechenden Software ist zudem die chemische Analyse von Meereswasser möglich.
Eine genaue Einordnung der Bojen ist also schwierig und der Spionageverdacht nicht selten auf Spionagehysterie zurückzuführen – aber eben auch nicht unbegründet. Generell muss im Hinblick auf die chinesische Bojenwarnung gesagt werden, dass nicht nur „unbekannte fremde Mächte“ die Bojen zur Spionage einsetzen: Immer wieder setzte China selbst in den vergangenen Jahren Bojen in der Nähe umstrittener Regionen im Südchinesischen Meer, vor Japans Küste oder auch in arktischen Gewässern aus.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 12.11.2024