Der ARD-Podcast Die Anschlags – Russlands Spione unter uns geht dem Doppelleben eines russischen Spionage-Ehepaars in Deutschland nach. Die Recherchen führten durch ganz Deutschland, Spionageexperten, Zeitzeugen und Ex-Agenten kommen zu Wort. Am 12. November 2024 stellte einer der Macher das Projekt im Deutschen Spionagemuseum vor.
Die Idee zu dem Podcast geht auf eine Initiative des ARD-Journalisten Florian Flade zurück. Lange hat er sich bereits mit dem Thema Geheimdienste auseinandergesetzt, zusammen mit Moderator Helmut Müller-Enbergs analysierte er an diesem Abend im Deutschen Spionagemuseum die Entstehung des Podcast und die Arbeit der russischen Geheimdienste. Ausgangspunkt war die Enttarnung eines russischen Agenten-Ehepaars, die unter dem Nachnamen Anschlag als sogenannte Illegale jahrelang verdeckt in Deutschland spionierten.
Seit Juni diesen Jahres steht der sechsteilige Podcast in der ARD-Mediathek zur Verfügung. Die Aufrufzahlen für den Podcast sind bisher extrem erfolgreich und machten deutlich, wie sehr die Themen Russland und Spionage die Menschen interessieren.
Die Hauptaufgaben der Anschlags lagen im Bereich der politischen Spionage. Vor allem ging es darum, Kontakte in den politischen Sektor zu knüpfen und neue Quellen zu erschließen. Ausgehend vom Fall Anschlag schilderte Flade zahlreiche Details zum Aufbau und Einsatz der sogenannten Illegalen, angefangen von der komplexen Erstellung der Legenden, welche die Agenten als Tarnung nutzen, bis hin zu den aufwendigen Legalisierungsverfahren, die nötig sind, damit diese schließlich in den Besitz offizieller Ausweisdokumente gelangen.
Wir wollen an dieser Stelle nicht allzu viel aus dem spannenden Podcast verraten. Anhand von zwei Beispielen lässt sich aber illustrieren, dass der Podcast auch für erfahrene Kenner der Spionagematerie noch Überraschungen bereithält. So nutzten die Anschlags neben altbewährten Methoden wie Agentenfunk und toten Briefkästen auch moderne Medien zur verdeckten Kommunikation.
Dabei schrieb die Agentin unter dem Nutzernamen Alpenkuh1 ihre Nachrichten mit verschlüsselten Codewörtern als Kommentare unter YouTube-Fußballvideos von Cristiano Ronaldo. Die russische Zentrale antwortet ebenfalls in der Kommentarfunktion unter dem Nutzernamen ChristianoFootballer. Dies ermöglichte eine rasche zweiseitige Kommunikation, die trotz der öffentlichen Sichtbarkeit in der Masse der sonstigen YouTube-Kommentare unterging und durch die thematisch gewählten Codewörter kein Misstrauen erweckte.
Enttarnt wurde das Agenten-Ehepaar vermutlich durch einen russischen Geheimdienst-Überläufer. Allerdings fehlten die für eine rechtskräftige Verurteilung notwendigen Beweise, daher war es wichtig, die Agenten in flagrantie zu erwischen.
Der Verfassungsschutz beobachtete also den Tagesablauf der Anschlags, um festzustellen, wann diese Nachrichten über Agentenfunk empfangen. Jedoch war zu befürchten, dass die Spione bei einem gewaltsamen Eindringen in das Haus rasch alle Beweise vernichten würden, so wie man es in einer Agentenausbildung lernt.
Als Vorteil erwies sich, dass sich der Ehemann bedingt durch seine berufliche Tätigkeit unter der Woche nicht zu Hause befand. Man nahm also zuerst den Ehemann in Baden-Württemberg fest und flog dann die erbeuteten Hausschlüssel zur Heimatadresse der Agenten in Marburg. Mit den Schlüsseln öffnete das Sonderkommando unauffällig die Wohnungstür und konnte die nichtsahnende Frau Anschlag bei der Bedienung des Funksystems erwischen.
Bei der Hausdurchsuchung fanden sich ausreichend Beweismittel, um die Anschlags beim folgenden Gerichtsverfahren zu einer Haftstrafe von mehr als fünf Jahren zu verurteilen. Der sechsteilige Podcast hält zahlreiche weitere unterhaltsame und überraschende Einblicke in den Agentenalltag der Illegalen bereit, reinhören lohnt sich!
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 27.11.2024