Der geplante Einsatz einer umstrittenen Analyse-Software beim Bayrischen Landeskriminalamt ruft aktuell Datenschützer auf den Plan. Der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte warnt vor der Gefahr eines massiven Eingriffs in die Grundrechte vieler Menschen. Was genau macht die Analyse-Software des amerikanischen Unternehmens Palantir so problematisch?
Das in den USA ansässige Software-Unternehmen vertreibt Überwachungs- und Finanzsoftware. Eines der führenden Produkte ist Palantir Gotham, welches von Sicherheitsbehörden und beim Militär eingesetzt wird. Es handelt sich dabei um eine Software, die vor allem der Terrorabwehr dienen soll, indem sie große Datenmengen aus verschiedenen Informationsquellen zusammenführt und zur Nutzung durch Analysten aufbereitet.
Informationen an der richtigen Stelle können viel bewirken. Laut Palantir wurden mit Hilfe der Software bereits Menschen im sogenannten „War on Terror“ erfolgreich gesucht und getötet. Eine derartige Bedrohung stellt die Software für den Otto-Normal-Verbraucher wohl nicht dar.
Eine der Hauptsorgen für Datenschützer begründet sich auf der Tatsache, dass die Software auf unzählige sensible Daten zugreift: Informationen aus Krankenhäusern und Behörden werden mit Social-Media-Profilen, Bewegungsdaten oder Finanzaktionen verbunden. Damit dringt sie tief in die persönliche Privatsphäre ein.
Allerdings lässt sich die Analyse-Software von Palantir auch zur Rettung von Menschenleben einsetzten. Während der Corona-Pandemie wertete sie für Gesundheitsbehörden Millionen von Krankenhaus- und Bewegungsdaten aus und traf auf dieser Basis Vorhersagen, wie sich das Virus weiter ausbreiten könnte. Sie erleichterte so die strategische Pandemiebekämpfung.
Das aus Sicht von Datenschützern oftmals eher negative Image von Palantir hat seine Wurzeln sowohl in der Geschichte wie in den führenden Köpfen des Software-Unternehmens. Die Finanzierung als Startup lief 2004 über die CIA-Investment-Gesellschaft In-Q-Tel. Es verwundert also wenig, dass US-Geheimdienste wie CIA, FBI und NSA von Beginn an zu den Kunden zählten. Auch der deutsche BND vergab bereits Aufträge an Palantir. Wie weit die Zusammenarbeit mit den Diensten geht, ist geheim. Experten vermuten unter anderem, dass Palantir Anteil am NSA-Überwachungs-Werkzeug PRISM hatte.
Viel negative Aufmerksamkeit erhielt die Firma durch die Persönlichkeit ihres Mitgründers, des US-Milliardärs Peter Thiel. Dieser ist auch bekannt für die Unterstützung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Das Thiels Weltbild Einfluss auf die Geschicke von Palantir haben könnte, wurde 2010 deutlich. Damals enthüllte das Hackerkollektiv Anonymous einen gehackten Vorschlag von Palantir an die US-Regierung, eine Kampagne mit Cyberangriffen und Fehlinformationen gegen die Enthüllungsplattform WikiLeaks zu starten.
Der aktuelle Fall in Bayern ist nicht das erste Mal, das Palantir-Software in Deutschland zum Einsatz kommt. 2018 bereits wurde Software des Unternehmens durch die hessische Polizei genutzt. Auch in NRW setzt die Polizei seit 2021 ein Palantir-Computerprogramm ein. Allerdings kommt dabei lediglich Software im Sinne eines Recherchesystems zur Anwendung, dass der datenbankübergreifenden Analyse und Recherche dient. Die Möglichkeit zu einem von Datenschützern befürchteten Data-Mining in sozialen Netzwerken und ähnlichem gebe es nicht.
Mit diesem Argument bemühen sich die deutschen Polizeistellen, die Einwände der Datenschützer zu entschärfen. Die neue Software diene lediglich dem automatischen Abgleich mehrerer der Polizei zugänglichen Datenbanken, die bisher händisch erfolgen musste. Eine Schnittstelle zum Internet sei nicht vorhanden. Im Grunde werde lediglich die Möglichkeit einer Volltextsuche geschaffen, welche Ermittlungen deutlich beschleunigen könne.
Kritik wurde auch zu dem Vergabeverfahren laut, dass nicht nur die Nutzung der Software durch das Bayrische LKA umfasst. Es handelt sich um eine Rahmenvereinbarung, sodass nach der federführenden Ausschreibung des LKA Bayern nun Polizeien von Bund und Ländern ohne zusätzliche Vergabeverfahren einsteigen können. Einige Politiker forderten daraufhin die Schaffung einer ordentlichen Rechtsgrundlage und klar benannten Kontrollmechanismen für das weitere Vorgehen
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 10.03.2022