Geruchskonserve

Eine außergewöhnliche Fahndungsmethode der Stasi

Geruchskonserve der StasiDer Geruch jedes Menschen ist ebenso singulär wie sein Fingerabdruck. Dementsprechend werden Hunde schon seit mehreren Jahrhunderten für die Spurensuche nach Menschen eingesetzt. Die kriminalistische Verwendung von Gerüchen erfuhr ab Beginn des 20. Jahrhunderts eine starke Professionalisierung, etwa durch die Aufnahme von Geruchsproben auf absorbtionsfähige Materialien und deren Konservierung.

Eine Geruchskonserve aus dem Bestand des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR ist in der Daueraustellung des Deutschen Spionagemuseums zu sehen.

Suche nach dem olfaktorischen Fingerabdruck

Ab den 1970er-Jahren optimierte die Volkspolizei der DDR ihre Mtehodik der Spurensuche mit der Geruchsdifferenzierung. Sterile Stofflappen wurden dazu genutzt, um Geruchsspuren von Personen (den sogenannten olfaktorischen Fingerabdruck)  aufzunehmen und anschließend in luftdicht verschlossenen Gläsern aufzubewahren. Damit diese Methode funktioniert, wurden Spürhunde durch eine spezielle Schulung zu sogenannten Differenzierungshunden ausgebildet. Durch diese ließ sich dann zum Beispiel die Verbindung zwischen einem Tatverdächtigen und der Geruchsspur eines Tatorts nachweisen.

Rasch übernahm die Staatssicherheit der DDR dieses Verfahren. Während die Volkspolizei Geruchsproben nur für spezifische Kriminalfälle anlegte, baute die Stasi ab 1979 ein dauerhaftes Archiv mit sogenannten Geruchskonserven auf. Zuständig für Beschaffung und Auswertung von Geruchsspuren war das Referat 2 der Hauptabteilung XX. Diese Abteilung überwachte unter anderem den Kulturbereich sowie die Medien im Land und war zudem für die Bekämpfung des politischen Untergrunds, also der Opposition, zuständig.

Deponierung und Kennzeichnung der Geruchskonserven

Die Geruchskonserven waren landesweit in Geruchsdepots untergebracht. Nach Auflösung der Stasi fand man in diesen Depots nicht nur Geruchskonserven der Stasi, sondern auch solche, die von der Volkspolizei genommen worden waren. Eine Zusammenarbeit dieser beiden Institutionen beim Aufbau des Geruchsarchivs erscheint also wahrscheinlich.

Die MfS-Geruchsprobe aus der Sammlug des Deutschen Spionagemuseums ist mit einem Aufkleber mit der Bezeichnung „GK“ für Geruchskonserve in der linken oberen Ecke ausgestattet. Die Geruchsproben der Volkspolizei nutzten andere Etiketten. Auf der linken Seite waren Datum und Zeit der Abnahme und die Registrier-Nummer für das Archiv einzutragen.

In der rechten Spalte des Aufklebers fanden sich neben dem Namen der Person, von der die Geruchsspur stammte, und dem Delikt sowie der Dienststelle auch die Personenkennzahl (PKZ). Diese aus zwölf Ziffern bestehende Nummer teilte die Stasi seit 1970 den DDR-Bürgern zur Identifizierung zu. Alle Informationen zur Geruchskonserve wurden zusätzlich auf Karteikarten erfasst.Herstellung einer Stasi-Geruchskonserve

Erfassung der Geruchsspuren

Die Geruchsproben wurden auf verschiedenen Wegen gewonnen, etwa bei konspirativen Wohnungsdurchsuchungen, in aufgebrochenen Autos oder an Tatorten. Zudem wurden verdächtige Personen unter einem Vorwand zu Befragungen einbestellt. Diese mussten sich dann auf einen speziell konzipierten Stuhl setzen, dessen Sitzfläche mit einem sterilen Tuch bespannt war, welches den Duft des Menschen aufnahm.

Als Beweismittel in Strafverfahren durften die Geruchsproben in der DDR allerdings nicht zum Einsatz kommen. Die Methode der Geruchsdifferenzierung diente vielmehr dazu, den Kreis verdächtiger Personen einzuengen. Sie sollte unter anderem dabei helfen, regimekritische Personen ausfindig zu machen.

Auf diese Weise versuchte die Stasi beispielsweise die Urheber von Briefen oder Flugblättern mittels Geruchsspuren zu identifizieren. Ein Großteil der Geruchskonserven lagert heute im Archiv der Zentralstelle der BStU (Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen  Republik).

Doch nicht nur die Stasi nutzte Geruchsproben. Zahlreiche weitere Ostblockstaaten als auch die westdeutsche und die niederländische Polizei setzen in den 1980er Jahren diese Methode ein. Der letzte bekannte Fall eines Einsatzes von Geruchsproben stammt aus dem Jahr 2007. Damals nahm die Bundesanwaltschaft im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia Geruchsproben mehrerer G8-Gegner ab. Das Vorgehen wurde in Politik und Öffentlichkeit heftig diskutiert.