Als Friedrich Wilhelm Herschel um 1800 die Infrarot-Strahlung entdeckte, konnte er nicht ahnen, in wie vielfältiger Weise diese in den folgenden Jahrhunderten angewendet werden würde. Einige besonders spannende Nutzungen finden sich im Bereich der Spionage. Infrarot-Technik kam hier sowohl als optisches Instrument wie auch als Kommunikationsmittel zum Einsatz.
Vor allem im Kalten Krieg nutzen Geheimdienste Infrarot-Technik, um bei Nacht Fotoaufnahmen während Observationen anzufertigen. Aufgrund der geringeren Streuung von infraroten Wellenlängen sind Personen auch bei Dunkelheit im infraroten Bereich gut erkennbar. Vor allem bietet die Technik den Vorteil, dass Infrarot-Strahlung für das menschliche Auge unsichtbar ist. Die Fotoaufnahmen lassen sich also unauffällig anfertigen.
Allerdings war es etwas aufwendiger, die Infrarot-Fototechnik in Alltagsgegenständen zu verstecken, aus denen man dann versteckt fotografierte. Im Gegensatz zu den üblichen Kameraverstecken, die ohne Blitztechnik auskamen, musste nun auch ein Infrarot-Blitz verbaut werden. In der Ausstellung des Deutschen Spionagemuseums finden sich einige Beispiele wie Aktenkoffer und Damen-Handtaschen, in denen sowohl Kamera- als auch Blitztechnik Platz fand. Dabei verbarg sich das Kameraobjektiv oft hinter einem Schmuckaufsatz, die Infrarot-Blitzlichter blitzten durch das infrarotdurchlässige Material der Taschen.
Die Reichweite der Infrarot-Fotoaufnahmen ergab sich dadurch, wie viele Infrarot-Blitzlichter zum Einsatz kamen. Daher entwickelten Geheimdienste verschiedene Methoden, die Anzahl der Lichter zu erhöhen. Eine Möglichkeit war es, neben dem Aktenkoffer mit Kamera und Infrarot-Blitzlicht einen weiteren Aktenkoffer zu nutzen, der nur über drei Blitzlichter verfügte. Dieser ließ sich dann in Kombination mit dem Kamerakoffer einsetzen. Noch höhere Reichweiten erzielte man durch den Einbau von bis zu zwölf Infrarot-Blitzlichtern in den Türen von Kraftfahrzeugen. Der Nachbau eines solchen Infrarot-Trabanten ist ebenfalls im Deutschen Spionagemuseum zu sehen.
Die moderne Digital-Fotografie bietet im Vergleich zum herkömmlichen Film eine deutlich bessere Bilddarstellung bei Dunkelheit. Bei herkömmlichen Observationsmethoden ist also davon auszugehen, dass Infrarot-Technik keine große Rolle mehr spielt. Das bedeutet aber keineswegs, dass das Kapitel der Infrarot-Technik als optisches Mittel in der Welt der Spionage beendet ist. Moderne Drohnen wie die MQ-9 Reaper nutzen Sensoren und Kameras mit Infrarottechnik zur Aufklärung und Zielerfassung.
Der Einsatz von Infrarot-Technik zur Spionage bei Dunkelheit ist relativ bekannt. Wesentlich unbekannter ist die Möglichkeit, auch Kommunikation über diese Technik zu transportieren. Der Einsatz sogenannter Lichtsprech-Technik hat zwar den Nachteil, dass die Distanzen zwischen Sender und Empfänger mit wenigen Kilometern recht klein sind, denn zum Kommunikationsaustausch ist Sichtkontakt notwendig. Allerdings ist die Verbindung abhörsicher. Denn sobald eine andere Partei versucht, in das Gespräch einzudringen, wird der Infrarotstrahl und damit die Verbindung unterbrochen.
Im Kalten Krieg setzten Geheimdienste regelmäßig Infrarot-Lichtsprechgeräte ein, um über gut bewachte Grenzen hinweg zu kommunizieren. Wenn die Wetterbedingungen es zuließen – Regen oder auch dichter Nebel störte die Übertragung – konnten Agenten sich über Infrarotstrahlen, die von den Geräten zum Beispiel durch Spiegeloptiken empfangen wurden, wie bei einem gewöhnlichen Telefongespräch austauschen.
Außerdem wurden solche Lichtsprechgeräte auch in Kombination mit einigen Wanzenmodellen genutzt. Diese befanden sich zum Abhören in Räumlichkeiten verbaut, sendeten die Informationen aber nicht wie üblich per Funk oder Kabel, sondern über Infrarot-Strahlen über ein Loch in der Außenwand. Mit einem entsprechend aufgestellten Lichtsprechgerät ließen sich die Informationen empfangen.
Heutzutage findet Infrarot-Lichtsprechtechnik vor allem in der Weltraumforschung Verwendung. Aufgrund der völlig anderen Umgebungsvoraussetzungen ist es hier möglich, Daten mit dieser Technik über mehrere tausend Kilometer zu übertragen. Nicht auszuschließen also, dass sich in ferner Zukunft auch Weltraumspione wieder über Infrarot-Lichtsprechtechnik austauschen.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 30.06.2022