Im Gegensatz zur Darstellung im klassischen Agentenfilm, bei der oft männliche Spione vorherrschen, spielen auch Frauen in der Welt der Spionage schon immer eine wesentliche Rolle. Einige davon wollen wir in dieser locker erscheinenden Artikelserie in Einzelportraits vorstellen. Dieses Mal geht es um Peggy Shippen, der vermutlich bestbezahlten Agentin während der Amerikanischen Revolution.
Margaret „Peggy“ Shippen wurde am 11. Juli 1760 in Philadelphia in eine gut begüterte und politisch einflussreiche Familie geboren. Ihr Vater Edward Shippen war Richter und Mitglied des Provinzialrats von Pennsylvania. Die Familie gehörte während der Amerikanischen Revolution (1763-1783) zu den „Loyalisten“, jener Gruppe von Pionieren, die sich loyal zum britischen König verhielten. Dem gegenüber standen die „Patrioten“ mit ihrer Forderung nach einer Abspaltung der Kolonien von Großbritannien.
Über die Kontakte ihrer Familie zu anderen Loyalisten und Mitgliedern der britischen Armee lernte Peggy Shippen den britischen Major John André kennen. Dieser wurde später zum Spionagechef der Briten in New York – die Begegnung sollte sich als schicksalhaft für ihren weiteren Lebensweg erweisen. Die andere entscheidende Person in ihrem Leben war Benedict Arnold, der als Militärkommandant von Philadelphia Offizier der amerikanischen Kontinentalarmee war. Am 8. April 1779 heirateten Peggy Shippen und Benedict Arnold.
Kurz nach der Hochzeit begann Arnold Kontakt mit der britischen Seite aufzunehmen und dort seine Dienste anzubieten. Die Gründe für seinen Entschluss, mit dem Feind zusammenzuarbeiten, sind bis heute umstritten. Am wahrscheinlichsten gilt eine Mischung aus Frustration, weil sich Arnold bei Beförderungen übergangen fühlte, und dem Einfluss seiner loyalistischen Ehefrau.
Die geheime Kommunikation zwischen Benedict Arnold und Peggy Shippens Bekanntem John André fand in Form von verschlüsselten Botschaften statt. Als Kurierin diente oft Peggy Shippen. Außerdem erstellte sie die auf den ersten Blick unverfänglichen Nachrichten, zwischen deren Zeilen Benedict Arnold mit unsichtbarer Tinte die Geheimbotschaften einfügte.
Als Arnold die Kommandantur West Point, einen amerikanischen Verteidigungsposten am Hudson River erhielt, begann er damit, systematisch dessen Verteidigung zu schwächen. Außerdem lieferte er den Briten Dokumente und Karten über die Befestigungen in West Point. Ziel war es, die Eroberung des wichtigen Stützpunktes durch die Briten zu erleichtern. Das Komplott flog 1780 auf, als John André mit einigen dieser Dokumente verhaftet wurde.
Die Dokumente enttarnten auch Benedict Arnold als Verräter in den eigenen Reihen. Durch ein Ablenkungsmanöver von Peggy Shippen, die sich als ahnungslose Ehefrau ausgab, konnte sich dieser jedoch in letzter Sekunde einer Verhaftung entziehen. Die Fassade der Unwissenheit hielt jedoch nicht lange. Kurz darauf entdeckte man eine Nachricht von John André an Peggy Shippen, die ihre Beteiligung an dem Komplott nachwies.
Peggy Shippen wurde in der Folge aus Philadelphia verbannt und reiste 1781 mit Benedict Arnold nach London. Aufgrund ihrer Spionagetätigkeiten erhielten sie dort eine Rente von 100 Pfund Sterling und weitere 350 Pfund als Agentenlohn. Als Zeichen des Dankes wurden sie sogar vom englischen Königshaus empfangen. Aufgrund dieser Zahlungen gilt Peggy Shippen als bestbezahlte Spionin in der Amerikanischen Revolution.
Später versuchte die Familie wieder, in den Vereinigten Staaten Fuß zu fassen. Dabei waren sie zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt. Nach seinem Verrat wurde der Name Benedict Arnolds zum Synonym für Verrat – und dieser Ruft haftet ihm bis heute an.
Beide verstarben kurz hintereinander, Benedict Arnold 1801 und Peggy Shippen am 24. August 1804. Die militärische Tradition der Familie wurde durch ihre fünf Kinder fortgesetzt, die allesamt entweder in der britischen Armee dienten oder Armeeoffiziere ehelichten.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 14.07.2022