Fake News als brandaktuelles Thema spielt auch in der Welt der Geheimdienste eine wichtige Rolle – und das nicht erst seit dem 20. Jahrhundert. Mit der digitalen Revolution nehmen Fake News im Alltagsleben vieler Menschen eine viel dominantere Rolle als früher. Das ist mit einigen Gefahren verbunden, Desinformation kann zum Problem für die Demokratie werden. Ein Weg, dagegen vorzugehen, ist das Fact Checking, also das Überprüfen von Aussagen durch journalistisches Recherchieren auf die Nachprüfbarkeit der dargestellten Fakten.
Mehr und mehr wird der professionelle Faktencheck von Informationen und Nachrichten zum professionellen Geschäftsmodell. CORRECTIV ist nach eigener Aussage das erste gemeinnützige Recherchezentrum dieser Art im deutschsprachigen Raum. Am 13. Juni 2019 gab Tania Röttger, Leiterin der Faktencheck-Redaktion bei CORRECTIV, im Deutschen Spionagemuseum Einblicke in die tägliche Arbeit.
Bevor Röttger im Detail schilderte, wie Faktenchecker auswählen, was sie prüfen und was bei der Recherche zu beachten ist, definierte sie zuerst den oft recht schwammigen Begriff „Fake News“. Dabei unterschied sie verschiedene Arten von Desinformation, nicht alle jedoch eignen sich zum Faktencheck. Irreführende, betrügerische oder erfundene Inhalte gehören zu den Schwerpunkten von CORRECTIV. Diese wurden mit dem Ziel erstellt, Unwahrheiten zu verbreiten, um damit zum Beispiel tendenziöse Inhalte zu fördern.
Ebenso recherchiert und kommentiert CORRECTIV falsche Zusammenhänge oder überarbeitete Inhalte, die sich zwar grundsätzlich auf authentische Informationen stützen, diese aber verfremden. Grundsätzlich gehe es nur um vermeintliche Tatsachenbehauptungen. Desinformationen dagegen, die als Satire oder Parodien erstellt wurden, gehören laut Röttger nicht zum Arbeitsfeld der Faktenchecker. Ebenso wenig viele der gängigen Verschwörungstheorien oder einseitig geäußerte Meinungen.
Die Verantwortung zur Bekämpfung von Fake News sieht Röttger keineswegs nur bei Redakteuren wie den CORRECTIV-Faktencheckern oder anderen Medien. Vielmehr sei es notwendig, dass Staat, Schulen und NGOs die Medienbildung fördern. So werden breite Bevölkerungsschichten mit der Fähigkeit ausgestattet, Informationen selbständig kritisch zu hinterfragen. Aber auch vom professionellen Journalismus forderte Röttger, Fakten intensiver zu überprüfen. Selbst Redaktionen, die anerkannte Abteilungen für Faktenchecks unterhalten, seien oft nicht davor gefeit, zu sehr auf vermeintlich zuverlässige Quellen zu vertrauen, ohne diese zu hinterfragen. Dies habe etwa der Fall Claas Relotius beim SPIEGEL gezeigt.
Ähnliche Aufmerksamkeit verlangte Röttger auch vom Otto-Normalverbraucher. Gerade diese sind für die rasche Verbreitung von Fake News über soziale Netzwerke und ähnliches verantwortlich. Oftmals würden dort Inhalte geteilt, nur basierend auf den Überschriften, ohne dass die Inhalte komplett gelesen oder die Quellen überprüft worden seien. Mit etwas mehr Zeit und Erfahrung sei es dagegen leicht, zweifelhafte Webseiten und Inhalte zu erkennen. Manchmal seien es schon Merkmale wie ein auffälliger Satzbau oder Grammatik- und Rechtschreibfehler, die fragwürdige Artikel bloßstellen. Der Aufwand lohne sich. Schließlich fallen weiterverbreitete Falschinhalte im Freundes- oder Kollegenkreis letztlich auch auf den Verbreiter selbst negativ zurück.
Da soziale Medien einen großen Anteil an der raschen Verbreitung von Fake News haben, stellt die Zusammenarbeit mit Facebook einen wichtigen Aspekt bei CORRECTIV dar. Röttger gab, dass es sicherlich viele Aspekte bei Facebook gäbe, die kritisch zu hinterfragen seien. Dennoch lobte sie die Tastsache, dass die Plattform in vielen Ländern Unternehmen wie CORRECTIV mit der Prüfung von Inhalten beauftragt hat. Das sei keineswegs bei allen sozialen Netzwerken der Fall. Um von Facebook mit der Prüfung von Inhalten betraut zu werden, muss eine Zertifizierung durch das International Fact-Checking Network (IFCN) vorliegen.
Laut Röttger gebe es pro Tag alleine bei CORRECTIV bis zu 1000 Meldungen von Facebook, die ein spezieller Algorithmus als potenzielle Fake News eingestuft hat. Darunter befänden sich auch zahlreiche Falschmeldungen. Dennoch sei es nicht möglich, tatsächlich allen Meldungen auf den Grund zu gehen. Die Arbeit der Faktenchecker ist aufwendig. Nach strengen journalistischen Kriterien werden die Informationen geprüft. Anschließend wird zu jeder Fake News ein Gegenartikel verfasst. Der Zeitaufwand differiert dabei stark. Er liegt zwischen ein paar Stunden bis zu mehreren Wochen. Kein Wunder, dass die kleine CORRECTIV-Redaktion, die neben den Zuwendungen von Facebook vor allem von Spenden lebt, oft an seine Grenzen stößt.
Die auf den Vortrag folgende offene Diskussion mit dem Publikum zeigte deutlich, wie stark und weitgefächert das Interesse an dem Thema Fake News und der Arbeit der Faktenchecker ist. Angesichts des stetig zunehmenden Informationsflusses im Internet wird die Thematik sicherlich nicht an Relevanz verlieren. Das Deutsche Spionagemuseum wird auch in Zukunft ähnliche aktuelle Veranstaltungen anbieten.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 21.06.2019