Rückblick: Der Sicherheitsberater. Globaler Einsatz in einer unsicheren Welt

Mit seinen 1,86 Meter und dem massigen Körperbau traut man Malte Roschinski Sicherheitsdienstleistungen jederzeit zu. Wer aber Personenschutz oder Nahkampf erwartet, wird von dem bekennenden Wehrdienstverweigerer enttäuscht. Denn sein Unternehmen plan4risk bietet Sicherheitsdienstleistungen anderer Art an. Sicherheit wird hier erdacht, konzeptioniert, trainiert und durch Planungen für den Ernstfall maßgeschneidert.

Risikoanalysen und Sicherheitstrainings für den Ernstfall

Roschinski studierte Konfliktforschung und Nachrichtendienststudien am Londoner King’s College und war Redakteur bei einer globalen Nachrichtenagentur. Einsätze im Nahen und Mittleren Osten gehörten zu seinem Alltag. Dann wechselte er zu einer Sicherheitsfirma und erstellte Risikoanalysen. Kurz danach machte sich mit seiner privaten Sicherheitsfirma mit Sitz in Hamburg und Berlin selbstständig. Das war vor rund 10 Jahren. Heute bietet er eine breite Palette an Dienstleistungen an, die er am 17. Dezember 2019 im Deutschen Spionagemuseum vorstellte, unterhaltsam untermalt durch Praxisbeispiele und Fotomaterial aus aller Welt.

Von drei grundlegenden Arten von Services berichtete Roschinski: Erstens Sicherheitsbewertungen und Auditierungen, sogenannten Risikoanalysen, zweitens Sicherheitstrainings und -coachings und drittens maßgeschneiderte Beratungen bei der Erstellung von Notfall- und Sicherheitsplänen sowie Krisenbewältigung. Wichtig sei dabei vor allem, dass alle Unternehmen und Behörden auch im Ausland eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter haben. Wie diese wahrgenommen wird, dafür erstellt Roschinski Lösungen.

Zu diesem Zweck unterhält er einen Pool aus freischaffenden Experten, die er je nach Auftrag und Einsatz koordiniert. Von ehemaligen Sicherheitsbeamten hin zu Journalisten sei dort fast alles vertreten. Besonders auch Frauen interessierten sich mehr und mehr für das Sicherheitsgewerbe.

Reaktionsfähigkeit in kritischen Situationen lässt sich erlernen

Für die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zum Beispiel arbeitet Roschinski bei Sicherheits- und Risikotrainings mit für Mitarbeiter, die in aller Herren Länder entsandt werden. Wie reagiere ich bei Überfällen? Wie fühlt sich Zeit an, wenn ich mit einer Waffe bedroht werde? Reaktionen lassen sich trainieren – gerade für kritische Situationen.

Angst, so Roschinski, ist dabei unabdingbar. „Wer keine Angst mehr hat, sollte lieber schnell das Land verlassen.“ Denn Angst und Bauchgefühl spiegeln oft unterbewusste Wahrnehmungen von Bedrohungen wider, machen uns aufmerksamer für Sicherheitsrisiken aller Art. Die größte Angst habe er selbst während eines fünfstündigen Schusswechsels in Afghanistan empfunden, als er vor Ort in ganz anderem Auftrag unterwegs war und im Nachbarhaus ein stundenlanges Feuergefecht ausbrach.

Besonders eindrucksvoll demonstrierte Roschinski eine Videoaufnahme eines unerwarteten Zwischenfalls in Afghanistan, als bei der Inspektion vor Ort eine riesige unterirdische Flüssiggasanlage in nur wenigen hundert Metern Entfernung explodierte. Insgesamt acht unterirdische Tanks flogen in die Luft und führten zu einer Panik. Roschinski filmte mit seinem Handy, um einen Eindruck spontaner Risikosituationen samt ad hoc-Maßnahmen und Analysen zu verdeutlichen.

Breites Netzwerk an Gesprächspartnern, Sprachmittlern und Einheimischen

Viel Reisen und Inspektionen vor Ort verlange der Job, in Mali, Süd-Sudan, Südostasien, Afghanistan und dem Libanon. Wichtig dabei. Erkundungsfahrten in unsicheren Gegenden und ein breites Netzwerk an Gesprächspartnern, Sprachmittlern, Einheimischen sowie internationalen und deutschen Organisationen und Behörden vor Ort.

Ein Geben und Nehmen von Informationen steht dabei auf der Tagesordnung, beim mittäglichen Amateurkick der deutschen Botschaft lernte Roschinski schon einmal den örtlichen Polizeichef kennen und bekam Einschätzungen aus erster Hand.

Dringend sind diese Informationen und Gesprächspartner immer dann, wenn der Worst Case bereits eingetreten ist. Entführungsfälle stehen dabei auch für plan4risk an erster Stelle. Die wenigsten haben dabei einen terroristischen Hintergrund. Kriminelle Motive zur Lösegelderpressung überwiegen bei weitem.

Wie man in solchen Situationen ein Krisenzentrum einrichtet, Kommunikationskanäle schafft, einen kurzen Draht zu deutschen Behörden findet und vor Ort Informationen findet, auch darum können sich Leute wie Malte Roschinski kümmern. Doch das hat seinen Preis: Rund 10.000 Euro am Tag könne ein Entführungsfall am Tag kosten. Das geht natürlich nur mit entsprechender Versicherung. Der Markt für private Sicherheitsdienstleistung – er boomt in einer unsicheren Welt.


Die nächste Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum am 14. Januar 2020 befasst sich mit einem aktuellen Thema: Gezielten Tötungen durch Geheimdienste. Dazu diskutieren ein Ex-Präsident des BND mit Experten aus Politik und Medien.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 27.12.2019