Geschichte der biometrischen Datenerfassung 4: DNA-Analyse

Neben der Gesichtserkennungstechnik gehört auch die DNA-Analyse zu den neusten biometrischen Methoden. Recht schnell haben die Vorteile einer DNA-Analyse bei der Identifikation von Personen anhand von kleinsten Spuren zur Etablierung des Verfahrens im Bereich der forensischen Kriminalistik geführt. Aber auch Geheimdienste und Spezialeinheiten setzen die Technik für ihre Zwecke ein.

Vom Forschungsobjekt zur Ermittlungsmethode

Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten Forschern die Nukleinsäure isolieren. Dabei handelt es sich um Makromoleküle, in welchen die genetischen Informationen von Organismen gespeichert sind. Doch erst nach zahlreichen Forschungsansätzen gelang es in den 1950er-Jahren, den strukturellen Aufbau der DNA zu entschlüsseln und im Modell nachzubilden.

Die fortschreitende Technik ermöglichte es Forschern ab den 1980er-Jahren DNA zur Identifikation von Personen zu nutzen. Dazu reichen winzige Gewebeteile oder Sekrete (Speichel, Haut, Haare), der deren Zellen die individuelle DNA (der genetische Fingerabdruck) gespeichert ist.

DNA-Doppelhelix

Als Methode der forensischen Kriminaltechnik kam die DNA-Analyse im Rahmen einer Reihenuntersuchung an 5000 Männern erstmals 1987 zur Anwendung. Auslöser waren Ermittlungen an einem Doppelmord in England. Damals konnte auf Grundlage der DNA-Analyse sowohl ein unschuldig Verdächtiger entlastet als auch der Schuldige gefunden und letztlich verurteilt werden.

Seit den frühen 1990er-Jahren haben sich DNA-Reihenuntersuchungen als kriminalistisches Mittel zunehmend etabliert und kamen mehrfach zur Anwendung. Die weltweit erste erfolgreiche DNA-Reihenuntersuchung fand in Deutschland statt: 1994 wurden im Rahmen der Ermittlungen zu einem Mordfall in Hessen DNA-Proben von über 1800 Personen genommen. Auf diese Weise konnte schließlich der Täter ermittelt werden.

DNA-Analyse bei Spezialeinheiten

Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hatte der Washington Post geheimdienstlichen Budgetdateien der zur Verfügung gestellt. Diese offenbarten, dass 2011 ein forensisches Geheimdienstlabor der DSI anhand einer DNA-Analyse die Identität des getöteten Osama Bin Laden bestätigte hatte. Bin Laden wurde im Mai 2011 während der Operation Neptun Spear durch eine Navy-Spezialeinheit erschossen.

CIA-Luftaufnahme des Aufenthaltsortes von Osama Bin Laden als Vorbereitung der Operation Neptun Spear [CIA]

Laut Medienberichten führte die CIA zuvor eine außergewöhnliche Operation durch: Dabei hat ein vom US-Geheimdienst angeheuerter pakistanischer Arzt kostenlose Impfungen in Pakistan angeboten, um an die DNA Bin Ladens zu kommen. Auf diese Weise wollte man herausfinden, ob sich die Familie Bin Ladens tatsächlich in dem Haus in Abbottabad aufhielt.

Ob die Operation ein erfolgt war, ist unklar. Der Arzt wurde aufgrund seiner Zusammenarbeit mit der CIA später vom pakistanischen Geheimdienst festgenommen.

Kritik an massenhafter Speicherung von DNA-Profilen

Ähnlich wie bei anderen biometrischen Merkmalen werden auch DNA-Spuren mittlerweile in Datenbanken verwaltet, auf die Polizei und Geheimdienst zugreifen können. Die britische National DNA Database ist eine der größten DNA-Datenbanken der Welt und enthält ungefähr 7,2 Millionen DNA-Profile.

Diese werden nicht nur im Falle einer Anklage, sondern bereits bei einer Verhaftung angelegt – und selbst beim Beweis der Unschuld nicht gelöscht. 2008 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass diese Praxis gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

Andere DNA-Datenbanken verhalten sich bei der Speicherung von DNA-Profilen zurückhaltender: In der FBI-geführten CODIS-Datenbank (Combined DNA Index System) dürfen lediglich DNA-Profile von verurteilten Straftätern und Terroristen gespeichert werden. Falls Profile von Personen im Rahmen von Ermittlungen erstellt und diese nicht verurteilt wurden, müssen sie gelöscht werden.

Logo der CODIS-Datenbank [FBI]

Die DNA-Profil-Sammelwut der Briten wird deutlich, wenn man die Bevölkerungszahlen vergleicht: Die CODIS-Datenbank umfasst bei 328 Millionen Einwohnern ca. 13 Millionen DNA-Profile. Die britische National DNA Database speichert zwar nur halb so viele DNA-Profile, Großbritannien verfügt aber nur über 66 Millionen Einwohner, also gerade mal 20 % der amerikanischen Bevölkerungsmenge.

In Deutschland führt das Bundeskriminalamt seit 1998 die DNA-Analyse-Datei (DAD). Dort sind gegenwärtig über 1,2 Mio. Datensätze gespeichert. Diese Daten stehende auch international kooperierende Behörden zur Verfügung.

Im Rahmen der sogenannten Prüm-Kooperation werden Fingerabdrücke und DNA-Muster mit den Datenbanken von über 20 europäischen Ländern abgeglichen. Ziel ist es, grenzübergreifend agierende Straftäter zu identifizieren.

Erweiterte DNA-Analyse und Racial Profiling

Für Kritik sorgte zuletzt die durch die Bundesregierung geplante und zum Teil bereits ausgeführte erweitere DNA-Analyse. Diese beschränkt sich nicht nur auf das Geschlecht und den Abgleich mit anderen Datennetzen. Sie erlaubt auch Rückschlüsse auf Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie Alter.

Gegner dieser Maßnahme bemängeln vor allem, dass die erweiterte DNA-Analyse Racial Profiling begünstigen könnten. Dies würde vor allem Minderheiten betreffen, da eine Einschränkung der Tatverdächtigen nur sinnvoll erfolgen kann, wenn das Erscheinungsbild des potenziellen Täters nicht denen der Mehrheitsgesellschaft entspricht.

DNA-Analyse im Labor

Zudem sei es problematisch, dass sich die erweiterten Merkmale nicht mit einer 100%igen Sicherheit bestimmen ließen. So könnten auch unschuldige Personengruppen ins Visier der Fahnder geraten.

DNA-Analysen werden aufgrund ihrer herausragenden Möglichkeiten, mit minimalen Spuren Beweise zu erbringen, auch in Zukunft ein elementares Instrument biometrischer Datenerfassung sein. Die Kritik von Datenschützern und Menschenrechtlern sollte dabei seitens der Regierungen ernst genommen werden, um die Akzeptanz des Verfahrens nicht zu gefährden.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 05.02.2021