Geheimdienstarbeit gilt oft als Männerdomäne. Dabei spielten Agentinnen schon immer eine Rolle im Spionagegeschäft. In den Führungspositionen der Geheimdienste dagegen suchte man Frauen lange vergebens. Im Laufe der letzten Jahre hat sich in dieser Hinsicht allerdings so manches getan.
1992 schrieb der MI5 Geschichte: Zum ersten Mal wurde eine Frau als Leiterin eines Geheimdienstes berufen. Die studierte Literaturwissenschaftlerin begann Mitte der 1960er-Jahre als Sekretärin beim britischen Geheimdienst zu arbeiten. Es war der Grundstein für eine eindrucksvolle Karriere.
Ihre erste Leitungsaufgabe erhielt sie zu Beginn der 1980er-Jahre in der Abteilung F2, deren Schwerpunkt die Abwehr von staatsgefährdenden Aktivitäten ist.
Nachdem sie 1992 zum Direktor des MI5 ernannt wurde, beschritt sie ungewöhnliche Wege. Zum Beispiel begann sie, den bis dato stark abgeschirmten Geheimdienst der Öffentlichkeit zu öffnen. Zudem äußerte sie in einem Interview Kritik an großangelegten Überwachungsmaßnahmen.
Seit Rimington 1996 in den Ruhestand ging, widmete sie sich unter anderem der Schriftstellerei. Neben Spionageromanen verfasste sie auch ihre 2001 erschienene Autobiografie Open secret. The autobiography of the former Director-General of MI5.
Rimingtons Rolle als MI5-Direktorin inspirierte auch die Fiktion. Ab dem James-Bond-Film Goldeneye (1995) stand dort dem britischen Auslandsgeheimdienst MI6 eine Frau als Direktorin vor, dargestellt durch die Schauspielerin Judi Dench. Insgesamt siebenmal verkörperte sie die Chefin von James Bond.
Rimington war nicht die einzige Frau an der Spitze des MI5. In den Jahren 2002 bis 2007 übernahm diese Position Eliza Manningham-Buller. Seit den 1970er-Jahren arbeitete Manningham-Buller für den MI5 und machte sich dort vor allem als Expertin auf den Gebieten Terror- und Spionageabwehr einen Namen.
Auch sie war für ihre in Geheimdienst-Kreisen außergewöhnliche Öffentlichkeitsarbeit bekannt. Nach den Terroranschlägen in London 2005 erklärte sie in einer Rede öffentlich ihre Enttäuschung darüber, dass es dem MI5 nicht gelungen war, die Anschläge im Vorfeld zu verhindern. Zudem kritisierte sie öffentlich Folterpraktiken durch Geheimdienste, selbst wenn diese zu relevanten Informationen führten.
Die Vorreiterrolle für Frauen an der Spitze von Geheimdiensten nimmt in den USA Gina Haspel ein. Von 2018 bis zum 20. Januar 2021 war sie die erste leitende Direktorin der CIA. Seit 1985 stand Haspel im Dienst des US-Auslandsgeheimdiensts. Dabei nahm sie an Dutzenden von verdeckten Operationen im internationalen Rahmen teil.
In den frühen 2000er-Jahren leitete sie das berüchtigte „Black-Site“-Gefängnis der CIA in Thailand. Zu dieser Zeit soll dort die Foltermethode Waterboarding angewendet worden sein. Ihre Verwicklung in diese Aktivitäten ist umstritten und nicht endgültig geklärt.
Diese in der Presse immer wieder vorgebrachten Vorwürfe führten dazu, dass ihre Ernennung zur CIA-Direktorin 2018 hitzige politische Diskussionen und Kritik von Menschenrechts-Organisationen auslöste.
Avril Haines ist die erste Frau, die an der obersten Spitze der US-Geheimdienstwelt steht. Als Director of National Intelligence leitet sie seit 2021 die Intelligence Community, den Zusammenschluss aller 17 US-Geheimdienste.
Die Juristin Haines hat dabei nicht, wie viele ihrer Geheimdienst-Kolleginnen, ihre Laufbahn nur beim Geheimdienst verbracht, sondern zahlreiche Stationen hinter sich. Sie arbeitete als juristische Beraterin unter anderem für das US-Außenministerium oder US-Präsident Barack Obama, war CIA-Vizedirektorin und schließlich Nationale Sicherheitsberaterin im Weißen Haus.
Ihre Funktion als Director of National Intelligence ist im Grunde die einer Geheimdienstkoordinatorin. Ziel ist es, die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den verschiedenen US-Geheimdiensten zu optimieren.
Auch in Deutschland gibt es seit dem 1. November 2020 eine Geheimdienst-Prämiere. Die Juristin Martina Rosenberg ist die erste Präsidentin des militärischen Nachrichtendienstes MAD. Damit stellt sie auch die erste Frau überhaupt dar, die einen deutschen Geheimdienst leitet.
Seit 2000 gehört Rosenberg der Bundeswehr an. Schon ihre erste Position als Dezernentin beim Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamtes in Köln brachte sie mit dem Geheimdienst-Metier in Berührung. Später war sie unter anderem Fachvorgesetze aller Wehrdisziplinaranwaltschaften der Bundeswehr.
In dieser Funktion konnte sie bereits viel Erfahrung bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus in den Streitkräften sammeln. Der in dieser Hinsicht zuletzt in die Negativschlagzeilen geratene MAD könnte von dieser Fachexpertise durchaus profitieren.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 08.03.2021