Wenige Skandale haben den amerikanischen Geheimdienst CIA so getroffen, wie die Enthüllung, dass der CIA-Mitarbeiter Aldrich Ames jahrelang für den KGB spionierte. Ames Verrat hatte gravierende Auswirkungen auf die CIA-Spionageaktivitäten gegen die UdSSR. Besonders erschütternd wirkte sich zudem die Erkenntnis aus, dass der Doppelagent bereits viel früher hätte enttarnt werden können.
Schon nach der High School und während der Studienzeit übernahm Ames ab 1957 einfache Sekretariats-Aufgaben für den amerikanischen Geheimdienst. Aufgrund guter Bewertungen wurde er schließlich in das Karriereprogramm der CIA aufgenommen.
In den nächsten Jahren erhielt Ames für viele seiner Tätigkeiten zumeist gute Bewertungen und einige Beförderungen. Allerdings vermerken die CIA-Berichte auch, dass er zu exzessivem Alkoholgenuss neigte. Zudem zeigte er einen schlampigen Umgang mit Finanzanforderungen und Sicherheitsprotokollen. Unter anderem ließ er eine Brieftasche mit Geheimdokumenten in der U-Bahn liegen.
Auch wenn seine Arbeitsbewertungen in den folgenden Jahren vor allem unter seinem exzessiven Alkoholmissbrauch litten, erhielt Ames ab 1983 Zugang zu hochgeheimem Material. Er wurde dem Department of Operations zugeteilt, das für die Spionageabwehr gegen die Sowjetunion zuständig war. Hier wurden sämtliche CIA-Operationen gesteuert, die gegen die sowjetischen Geheimdienste liefen.
Bei einem Einsatz in Mexico-City lernte Ames im Jahr 1981 María del Rosario Casas Dupuy kennen. Er begann mit ihr eine Affäre, die schließlich in einer Heirat mündete. Die Scheidung von seiner bisherigen Frau, die Unterhaltskosten und auch der aufwendige Lebensstil seiner neuen Frau brachten Ames in schwere Geldnöte. In dieser Zeit reifte in ihm der Gedanke, dass ein Informationsverkauf an die Sowjetunion ein Ausweg aus der Misere sein könnte.
Ab 1985 begann Ames gegen hohe Geldzahlungen Informationen über CIA- und FBI-Informanten an die Sowjetunion weiterzuleiten. Er nahm dabei bewusst die Tatsache in Kauf, dass diese Informanten anschließend durch das KGB eliminiert wurden. Rasch bemerkte die CIA das auffällige Verschwinden mehrerer wichtiger Kontaktpersonen im Ost-Block. Allerdings kam niemand auf die Idee, dass die Ursache ein Verräter in den eigenen Reihen sein könnte.
Dennoch fürchtete Ames, dass die Spur der zahlreichen Fälle verschwundener und getöteter CIA-Kontaktpersonen schließlich seinen Verrat aufdecken würde. Das KGB konstruierte daraufhin ein Täuschungsmanöver, bei dem die CIA durch eine vermeintlich vertrauenswürdige Quelle erfuhr, dass der Verräter in einem geheimen CIA-Kommunikationsstützpunkt saß.
Trotz weiterhin schlechter Bewertungen und Alkoholproblemen gelang es Ames derweil, ab 1990 Teil der Counterintelligence Center Analysis Group der CIA zu werden. Damit hatte er Zugang zu weiteren hochgeheimen Informationen. Für seine Informationen erhielt Ames insgesamt 4,6 Mill. $ von der Sowjetunion – Geld, dass er mit vollen Händen ausgab. Seinen aufwendigen Lebensstandard erklärt er mit einer vermögenden Erbschaft seiner Frau.
Im selben Jahr kam das CIA-Spezialteam, das seit Jahren erfolglos versuchte herauszufinden, wer die zahlreichen Agenten und Informanten an das KGB verriet, zu dem Schluss, dass es einen Maulwurf in den eigenen Reihen geben musste. Schon im November 1989 hatte ein Mitarbeiter über den außergewöhnlichen Reichtum von Ames berichtet und die angebliche Erbschaft angezweifelt.
Ames machte sich keine Mühe, seinen Wohlstand zu verstecken. Er trug teure Kleidung, finanzierte sich ein stattliches Haus, ließ seine Zähne für viel Geld aufwerten und leistete sich einen Jaguar-Sportwagen. Seine Frau stand ihm in nichts nach: Bei der Hausdurchsuchung durch das FBI nach Ames Verhaftung fand man unter anderem über 60 Handtaschen und 500 Paar Schuhe.
Trotz solcher Auffälligkeiten gingen die Ermittlungen nur schleppend voran, auch wegen personeller Fehlplanungen und falschen Schwerpunksetzungen des CIA-Spezialteams. Zudem hatte das erwähnte KGB-Täuschungsmanöver einige Zeit Erfolg und Ames gelang es, zwei Lügendetektortests zu bestehen. Erst ab März 1993 wurden alle Konversationen und Bewegungen von Ames mit Überwachungstechnik beobachtet. Am 21. Februar 1994 schließlich erfolgte die Verhaftung von Ames unter dem Verdacht der Spionage für die Sowjetunion.
Im anschließenden Prozess zeigte Ames sich voll geständig und erhielt eine lebenslange Haftstrafe. Es ist davon auszugehen, dass die Informationen, die Ames der Sowjetunion zur Verfügung stellte, zur Kompromittierung von mindestens hundert US-Geheimdienstoperationen und zur Hinrichtung von mindestens zehn US-Quellen führten.
Die CIA erhielt im Nachhinein viel Kritik dafür, die Auffälligkeiten von Ames Lebensstil nicht früher hinterfragt zu haben. Als der damalige CIA-Direktor James Woolsey bekanntgab, dass es dennoch keinerlei personelle Konsequenzen innerhalb der CIA geben würde, sorgte er für Entrüstung im US-Kongress. Infolge des enormen politischen Drucks trat Woolsey kurz darauf zurück. Ames verbüßt bis heute seine Haftstrafe im einem US-Bundesgefängnis Terre Haute Federal Correctional Complex in Indiana.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 21.02.2022
Aktualisiert am 16.02.2024