Atomspione: Das folgenreiche Geständnis des Harry Gold am 20. Juli 1950

Die Erfindung der Atombombe sollte die USA waffentechnisch allen anderen Staaten auf Dauer überlegen machen. Dies gelang nur wenige Jahre, da die Sowjetunion erhebliche und letztlich erfolgreiche Anstrengungen unternahm, das Geheimnis der neuen Superwaffe auszukundschaften.

Die Enttarnung eines sowjetischen Spionageringes in den USA sorgte Anfang der 1950er-Jahre für großes Aufsehen. Während des 2. Weltkrieges gaben sie Informationen über die Atombombe aus dem Manhattan Projekt an die Sowjetunion weiter. Dem Geständnis des Chemielaboranten Harry Gold, einer der Kuriere des Spionagerings, folgten eine Reihe weiterer Verhaftungen und auch ein Todesurteil.

Atomspion aus einfachen Verhältnissen

Harry Gold stammte aus einer russisch-jüdischen Familie, die 1914 aus der Schweiz in die USA emigrierte. Besonders Golds Mutter war schon früh an der sozialistischen Partei interessiert. Gold selbst sagte jedoch später, er hielt den Kommunismus für ein wildes und kaum definiertes Phänomen in einem primitiven Land, welches sich tausende von Meilen entfernt befindet. Wie konnte ein Mann mit dieser Einstellung zu einem wertvollen sowjetischen Spion werden?

Nach dem Schulabschluss studierte Gold Chemie an der Universität von Pennsylvania. Um seiner Familie durch die Wirtschaftskrise, welche seit 1929 in den USA wütete, zu helfen, gab er das Studium auf. 1933 verhalf ihm sein Freund Tom Black zu einem Job in einer Seifenfabrik. Tom Black war in kommunistische Organisationen engagiert und versuchte immer wieder, Harry Gold anzuwerben. Aus Dankbarkeit begleitete dieser Black zu einigen Treffen, seine Skepsis dem Kommunismus gegenüber behielt er aber weiterhin bei. Black überzeugte Gold schließlich, dass die USA die Sowjetunion aktiv daran hindere, sich wirtschaftlich weiter zu entwickeln.

Die langwierigen Anwerbungsversuche Blacks hatten tatsächlich Erfolg. Gold gab fortan interne Papiere seines neuen Arbeitgebers, einer lokalen Zuckerfabrik, an Black weiter. Die Motivation für diese und die weitere Spionagetätigkeit Golds ist anscheinend nicht in ideologischer Überzeugung zu suchen, als vielmehr dem Streben, etwas für das Gleichgewicht der Mächte zu tun und damit eine kriegerische Eskalation zu verhindern.

Kurier von Klaus Fuchs

1940 wurde Harry Gold offiziell als sowjetischer Spion angeworben und dem sowjetischen Innenministerium NVKD zugewiesen. Sein Codename lautete GUS, GOS oder auch GOOSE. Von nun an war Gold hauptsächlich als Kurier tätig. Unter anderem gab er Informationen von Klaus Fuchs an die Sowjetunion weiter. Fuchs war ein deutsch-britischer Kernphysiker, der am Manhattan Projekte mitwirkte. Ihr erstes Treffen fand am 05. Februar 1944 in Manhattan statt. Der Erkennungscode: „Chinatown schließt um fünf Uhr“.

In den nun regelmäßig folgenden Treffen gab Fuchs über Gold Informationen über das streng geheime Atomprojekt an die Sowjetunion weiter. Fuchs war aber nicht der einzige Mitarbeiter des Manhattan Projektes, der Informationen an Gold weitergab. 1945 bekam Gold eine Nachricht mit den Informationen „Greenglass“ und den Erkennungscode „Julius schickt mich“, außerdem ein Stück eines Puddingbechers. Das Gegenstück besaß David Greenglass, um sich beim Treffen zu identifizieren.

Der große Spionageprozess

Als Klaus Fuchs 1950 in England verhaftet und der Spionage bezichtigt wurde, identifizierte er im Verhör Harry Gold als seinen Kurier. Noch im selben Jahr wurde auch Gold wegen Spionagetätigkeit vom FBI verhaftetet. Gold gestand schließlich, seit 1934 sowjetischer Spion gewesen zu sein. Es war vor allem seine Aussage, die viele weitere Angehörige des Atomspionageringes überführte. Unter ihnen befand sich auch sein „Puddingbecher-Kontakt“ David Greenglass, dessen Schwester Ethel Rosenberg und deren Ehemann Julius Rosenberg.

Gold und Greenglass traten als Kronzeugen im Prozess gegen die Rosenbergs auf. Gold gab nie an, das Ehepaar Rosenberg getroffen zu haben, und spielte im eigentlichen Prozess daher keine große Rolle. Die Tatsache aber, dass er David Greenglass in Spiel gebracht hatte, besiegelte das bis heute umstrittene Todesurteil für die Rosenbergs. Greenglas belastete seine Schwester und deren Mann schwer und entkam dadurch – ebenso wie Gold – dem Todesurteil. Gold wurde 1951 zu 30 Jahren Haft verurteilt und im Mai 1965 nach 15 Jahren Haft auf Bewährung entlassen.

Den Rest seines Lebens verbrachte unauffällig er in seiner Heimatstadt Philadelphia wo er bis zu seinem Tod 1972 als Chemiker arbeitete. Über seine Spionagetätigkeit hat er sich nie wieder öffentlich geäußert.


Bilder
Trinity Test des Manhatten Projekts (Erste Zündung einer Atombombe 1945): United States Department of Energy [Public Domain]
Harry Gold am Tag seiner Verhaftung: U.S. National Archives and Records Administration [Public Domain]
Polizeifoto von David Greenglass: U.S. National Archives and Records Administration [Public Domain]

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 20.07.2019