BND/KGB-Doppelagent im Kalten Krieg – Am 23. Juli 1963 wurde Heinz Felfe zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt

Der Skandal um die Enttarnung des BND-Agenten Heinz Felfe als KGB-Doppelagent erschütterte in den frühen 1960er-Jahren das internationale Ansehen des Bundesnachrichtendienstes (BND) nachhaltig. Wie aber wurde ein ehemaliger Feinmechaniker-Lehrling zum verräterischen Doppelagenten?

Felfes ideologische Wurzeln: Hitler-Jugend und SS

Auch wenn es vor dem Hintergrund seiner späteren Zusammenarbeit mit dem sowjetischen Geheimdienst überraschen mag: Als junger Mann entwickelt sich Heinz Felfe zum überzeugten Nationalsozialisten. In der Hitler-Jugend übernahm er rasch Leitungsfunktionen. Während seiner Lehre als Feinmechaniker trat er 1936 der Allgemeinen SS und kurz darauf auch der NSDAP bei.

Felfe als junger Mann
[Zeichnung: Johann Hechelhammer]

Ab 1937 machte er sein nationalsozialistisches Engagement zum Hauptberuf und arbeitete für die NSDAP-Gauleitung Sachsen. Drei Jahre später begann seine Geheimdienst-Laufbahn als V-Mann beim Sicherheitsdienst (SD). Nach der Zusammenlegung der Geheimdienste von Abwehr und SD zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) war Felfe dort unter anderem als Auswerter und Dienststelleleiter tätig. 1945 geriet er zuerst in kanadische und schließlich in britische Kriegsgefangenschaft.

Karriereschub durch Verrat

Spätestens zu diesem Zeitpunkt lernte Felfe, wie wertvoll Verrat sein kann. Bereitwillig gab er Informationen über ihm bekannte Mitarbeiter und Agenten des RSHA an die Briten weiter. Im Gegenzug erhielt er die Bescheinigung, kein Kriegsverbrecher zu sein. In den Jahren 1947-50 war er zudem als V-Mann für den britischen MI6 tätig. Der Kalte Krieg hatte da längst begonnen: Sein Auftrag bestand im Ausspionieren kommunistischer Studenten.

Abgesehen von den dadurch erhaltenen sporadischen Geldsummen gelang es Felfe jedoch nicht, dauerhaft beruflich Fuß zu fassen. Getrieben von Geldsorgen erklärte er sich daher, angeregt durch persönliche Kontakte, im September 1950 zur Zusammenarbeit mit dem sowjetischen Geheimdienst bereit. Diese Vereinbarung erwies sich für die Sowjets als Glücksgriff, denn im November 1951 wurde Felfe Mitarbeiter der Organisation Gehlen, dem späteren BND.

Felfe als Agent
[Zeichnung: Johann Hechelhammer]

Als Mitarbeiter im Referat Gegenspionage und später Leiter der BND-Spionageabwehr lieferte Felfe zwischen 1951 und 1961 insgesamt 15.000 geheime Vorgänge an das KGB. Seine Informationen sorgten unter anderem für die Enttarnung von fast 100 CIA-Agenten sowie 94 V-Männern des BND. Das Doppelagentenleben endete erst, als Felfe selbst verraten wurde – durch einen polnischen Doppelagenten, der zur CIA übergelaufen war.

Verurteilung, Haft und Austausch

Nachdem sich der durch den polnischen Doppelagenten entstandene Anfangsverdacht gegen Felfe erhärtete, erfolgte 1961 die Verhaftung. Der im Jahr darauf beginnende Prozess machte das ganze Ausmaß des Skandals öffentlich und schädigte das Ansehen des BND auf nationaler sowie internationaler Ebene nachhaltig. Zudem war der BND gezwungen, sein gesamtes Spionagesystem in der Sowjetunion neu organisieren. Am 23. Juli 1963 wurde Heinz Felfe zu 14 Jahren Zuchthaus wegen Landesverrates verurteilt. Nicht einmal die Hälfte davon musste er absitzen, bevor er 1969 durch einen Agentenaustausch freikam.

Felfe als Rentner
[Zeichnung: Johann Hechelhammer]

Unterstützt von KGB und MfS lebte Felfe in der DDR anschließend auf hohem Niveau: Er fuhr einen BMW, promovierte und erhielt eine Anstellung als Professor für Kriminalistik an der Humboldt-Universität in Berlin. Die Spionageabwehr des MfS drehte einen Schulungs-Film über Felfe für das eigene Personal: Der Mann aus Camp Nikolaus (Camp Nikolaus bezieht sich auf den Decknamen für die BND-Sitz in Pullach). 1986 veröffentlichte Felfe seine Biografie „Im Dienst des Gegners“. Hochbetagt starb er 90-jährig am 8. Mai 2008 in Berlin.


Die Zeichnungen wurde von Johann Hechelhammer im Rahmen eines Schülerpraktikums am Deutschen Spionagemuseum erstellt.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 23.07.2022