Berlin als Hauptstadt der Spione verfügt über eine Vielzahl an historischen Orten, an denen Spionageaktionen stattfanden – und auch heute noch sind Geheimdienste in der Stadt aktiv. Einige der Spionageorte sind allgemein bekannt und gehören zu den Sehenswürdigkeiten Berlins, andere sind echte Geheimtipps. Willkommen zu einer Tour zu außergewöhnlichen Orten in Berlin.
Fiktive Agenten & echte Überläufer
Als Geheimtipp kann man den nachgebauten Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße kaum bezeichnen, es ist eine der Top-Sehenswürdigkeiten der Stadt. Für fast jeden Touristen gehört ein Foto an der ehemaligen Grenzübergangsstelle zwischen West- und Ost-Berlin mit zum Berlin-Urlaub. Berühmt wurde der Checkpoint als historischer Ort vor allem durch zahlreiche Spionagefilme wie „Der Spion, der aus der Kälte kam” oder „James Bond 007 – Octopussy”.
Doch auch richtige Geheimdienste und Agenten waren am Checkpoint Charlie aktiv. Als Grenzsoldaten getarnte Stasi-Agenten kontrollierten die Ein- oder Ausreise und 1982 bot sich hier ein junger amerikanischer Soldat namens Jeffrey Carney als Spion an. Dieser gehörte zur US-Fernmeldeeinheit der Radaranlage Marienfelde und spionierte in den nächsten Jahren für die DDR – mit Erfolg: der geschätzte geheimdienstliche Schaden lag bei 14,5 Millionen US-Dollar.
Agentenbrücke im Kalten Krieg
Die Glienicker Brücke ist eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten, wenn es um Berliner Spionagegeschichte geht. Sie überspannt die Havel und verbindet so Berlin und Potsdam. Dreimal wurden hier auf spektakuläre Art und Weise Spione ausgetauscht. 1962 fand dort der erste Agentenaustausch zwischen Ost und West im Kalten Krieg statt. Steven Spielberg hat ihm mit dem Film „Bridge of Spies” ein filmisches Denkmal gesetzt. 1985 und 1986 kam es zu zwei weiteren Agentenaustauschen, deren Bilder um die Welt gingen und die Glienicker Brücke weltberühmt machten.
Heute ist die Glienicker Brücke als historischer Ort frei zugänglich. Ein Strich in der Mitte markiert die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. Jeder Besucher kann dort jenen Schritt über die Grenze nachahmen, der für die enttarnten Agenten damals der Schritt in die Freiheit war.
Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR
Kaum ein Geheimdienst steht so für totale Überwachung wie das Ministerium für Staatssicherheit der DDR, umgangssprachlich als Stasi bekannt. Das Hauptquartier nahm einen großen Gebäudekomplex an der Normannenstraße ein. Die Zentrale mit dem Sitz des Ministers für Staatssicherheit, das Haus 1, steht heute der Öffentlichkeit als Museum offen. Dieser einzigartige historische Ort gehört zu den außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten von Berlin, es ist weltweit die einzige zu besichtigende ehemalige Geheimdienstzentrale.
Im dortigen Stasimuseum zeigt eine Dauerausstellung die Arbeit der Staatssicherheit der DDR und gibt zudem Einblicke in die politischen Entwicklungen in der DDR. Die Arbeitsräume des langjährigen Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, sind im Original erhalten.
US-Spionagestation Field Station Berlin
Ein der spektakulärsten Sehenswürdigkeiten für Spionagefans in Berlin ist zweifelsohne die Ruine der ehemaligen Abhöranlage „Field Station Berlin” auf dem Teufelsberg. Das weithin sichtbare Bauwerk in exponierter Lage ist eines der Symbole der Hauptstadt der Spione. Amerikanische und britische Geheimdienste horchten hier im Kalten Krieg mit modernster Technik weit Richtung Osten in die Staaten des Warschauer Paktes hinein.
Von der Spionagetechnik ist an diesem außergewöhnlichen Ort heute nichts mehr zu sehen, die Geheimdienste haben beim Abzug 1991 alles abgebaut. Die Ruinen der markanten Gebäude jedoch lassen sich besichtigen und stehen immer noch symbolisch für Spionageaktivitäten. Regelmäßig werden sie für Dreharbeiten genutzt, unter anderem als Agententreff in der Netflix-Spionageserie „Berlin Station”.
Technische Spionage und fliegende Agenten
Bis 2008 war der Flughafen Berlin-Tempelhof als „Zentralflughafen” in Betrieb. Er spielte eine bedeutende Rolle während der Berliner Luftbrücke 1948/49. Neben dem zivilen Luftverkehr nutzte auch die US Air Force den Flughafen. Mit speziellen Radaranlagen und Antennen sammelten sie Informationen über verdächtige Flugbewegungen im Luftraum. Die Anwesenheit des US Militärs sorgte auch dafür, dass die Staatssicherheit der DDR Agenten zum Flughafen schickte, um dort zu spionieren.
Und noch ein Aspekt macht den Flughafen Berlin-Tempelhof als historischen Ort der Spionagegeschichte interessant: Während den berühmten Agentenaustauschen auf der Glienicker Brücke wurden hier von den Amerikanern die Agenten zum Austauschen ein- und ausflogen.
Heute ist das Gelände des ehemaligen Flughafens tagsüber frei zugänglich. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel der Berliner und ein Geheimtipp für Touristen. In den Gebäuden finden Ausstellungen und Veranstaltungen statt.
Verkehrsknotenpunkt mit Agentenschleusen
Der Bahnhof Friedrichstraße ist einer der wichtigsten Knotenpunkte für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin. Im Kalten Krieg kamen sich hier Ost und West besonders nahe: Dort verkehrten Züge sowohl aus Ost-Berlin als auch aus West-Berlin.
Während die normalen Reisenden zwischen Ost und West eine Zoll-Abfertigung in einem Nebengebäude passieren mussten, dass als „Tränenpalast“ bekannt ist, gelangten Stasi- und KGB-Agenten über getarnte Zugänge auf die Bahnsteige gen Westen. Der Bahnhof Friedrichstraße war die wichtigste Agentenschleuse für diese Geheimdienste in Berlin und wurde täglich genutzt.
Diese geheimen Zugänge sind heute verschwunden, der Tränenpalast präsentiert als historischer Ort in Berlin seine Geschichte im Rahmen einer Ausstellung.
Weisser Fleck auf Berlinkarten: Stasi-Sperrgebiet
Neben dem großen Hauptquartier des Ministeriums für Staatssicherheit an der Normannenstraße gab es in Berlin ein weiteres großes Sperrgebiet, das der Stasi zur Verfügung stand. Auf diesem befanden sich ein Untersuchungsgefängnis, ein Arbeitslager, die technische Abteilung zur Entwicklung von Spionagetechnik, die Abteilung für Waffentechnik und einige Archivgebäude der Stasi. Alles, was in dem Sperrgebiet geschah, war streng geheim. Auf alten Stadtplänen von Ost-Berlin ist der Bezirk daher nur als weißer Fleck verzeichnet.
Von dem historischen Ort ist heute noch das ehemalige Stasi-Untersuchungsgefängnis als Gedenkstätte erhalten und zugänglich. Der Rest des Sperrbezirks ist Wohn- und Geschäftsgebiet.
Wertvolle Informationsquelle: Ausgefragte Flüchtlinge
Um die zunehmende Menge an flüchtigen DDR-Bürgern zu organisieren, eröffnete 1953 das Notaufnahmelager Marienfelde. Schon drei Jahre später hatten über eine Million Flüchtlinge das Lager passiert. Egal ob britischer, amerikanischer und französischer Geheimdienst oder der westdeutsche BND – sie alle erkannten das Potenzial, durch Befragung der Flüchtlinge Informationen über die DDR zu sammeln.
Schnell gehörten diese Befragungen offiziell zum Aufnahmeprozess. Dabei wurden nicht nur Informationen gesammelt, sondern auch Agenten angeworben oder versteckte DDR-Spione enttarnt. Heute sind Teile dieses historischen Ortes in Berlin als Erinnerungsstätte zum Thema Migration der Öffentlichkeit zugänglich.
KGB-Zentrale in Berlin
Der Gebäudekomplex, der heute das Museum Berlin-Karlshorst beherbergt, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Vormals eine Heerespionierschule der Wehrmacht, wurde es Ende des Zweiten Weltkriegs zum Hauptquartier der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). 1945 wurde hier die Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet.
Im Kalten Krieg entwickelte sich das Areal zum Sperrgebiet, in dem sowjetische Militärverwaltung, Geheimdienste und sowjetische Truppen residierten. Die hier stationierte KGB-Zentrale in Berlin steuerte zahlreiche Spionageoperationen und bildete Agenten aus. Es war der größte Stützpunkt des KGB außerhalb Moskaus. Auch der russische militärische Geheimdienst GRU hatte einen wichtigen Stützpunkt auf dem Gelände.
Heute zeigte das Museum Berlin-Karlshorst eine Dauerausstellung zur deutsch-russischen Geschichte mit Schwerpunkt auf dem Zweiten Weltkrieg.
Stasi-Spionage mit Weitblick
Der Berliner Fernsehturm ist seit seiner Fertigstellung 1969 das höchste Bauwerk Deutschlands. Er bietet eine spektakuläre Aussicht über die Stadt und gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Berlins. Die einzigartige Sicht machte den Fernsehturm auch als Spionage-Stützpunkt für die Stasi interessant.
Mit speziellen Teleobjektiven fotografiert der DDR-Geheimdienst von einer Außenplattform des Fernsehturms in 241 Meter Höhe während der 1980er-Jahre Personen und Autokennzeichen. Passanten ließen sich dabei in einer Entfernung von bis zu 800 Metern, Autokennzeichen sogar in bis zu 1200 Meter Entfernung erkennen. Das Ganze hatte für die Stasi-Spione auch einen sportlichen Aspekt: die eingesetzte Fototechnik wog 25 Kilogramm.
Das größte Geheimdienst-Hauptquartier der Welt
Seit 2019 liegt die Zentrale des deutschen Auslandsnachrichtendiensts BND mit einer Grundfläche von 260.000 Quadratmetern mitten in Berlin. Der Komplex übertrifft an Größe die Zentralen aller anderen Geheimdienste weltweit. Neueste Technik soll den Geheimdienst davor schützen, selbst ausspioniert zu werden: die fast 4000 hier beschäftigten Mitarbeiter müssen ihre Venen scannen lassen, um reinzukommen.
Der außergewöhnliche Ort macht deutlich, dass Berlin auch nach dem Kalten Krieg ein Hotspot für Spione bleibt. Außerdem zeigt seine exponierte Lage, dass sich Geheimdienste im 21. Jahrhundert mehr in der Öffentlichkeit präsentieren müssen als zuvor. Nur so können sie an Attraktivität und Akzeptanz gewinnen, um als Arbeitgeber für die sehr gefragten Fachkräfte aus Bereichen wie IT oder Linguistik interessant zu sein.
Verschwundene US-Radaranlage Marienfelde
Wer heute den Schlehenberg in Marienfelde besteigt, findet dort Wanderwege und grüne Natur vor. Gleichzeitig steht man an einem historischen Ort der Spionagegeschichte Berlin – ein echter Geheimtipp. Hier betrieb der Geheimdienst der US Air Force im Kalten Krieg die nach der Field Station Berlin auf dem Teufelsberg größte Abhörstation in Berlin. Bekannt wurde sie vor allem durch einen ihrer Mitarbeiter, Jeffrey Carney, der dort für die Staatssicherheit der DDR spionierte.
Mittlerweile ist von der Anlage nichts mehr zu sehen, sie wurde vollständig abgerissen. Im Wortschatz der Berliner ist die ehemalige Spionageanlage aber immer noch präsent: Damals wie heute nennt man den Schlehenberg im Volksmund auch „Amiberg”.
Hauptquartier der US-Militärspionage
Die Keitel-Villa diente im Zweiten Weltkrieg als Dienstgebäude des Oberkommandos der Wehrmacht und dessen Chef Wilhelm Keitel, daher der Name des Gebäudes. Im Kalten Krieg war dieser außergewöhnliche Ort das Hauptquartier der US-Militärverbindungsmissionen. Diese speziellen Einheiten hatten das Recht, Aufklärungsfahrten in der DDR durchzuführen. Sie waren eines der wichtigsten Instrumente der Militärspionage im Berliner Raum.
Auch nach dem Kalten Krieg wurde die Villa weiter von Geheimdiensten genutzt: Amerikaner und Bundesnachrichtendienst nutzten sie gemeinsam als Dienststelle, bevor 2008 eine Waldorfschule in das Gebäude zog.
Militärstädtchen Nr. 7 des KGB
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in der Potsdamer Vorstadt innerhalb eines streng abgeschirmten Bereichs eine Geheimdienststadt, das „Militärstädtchen Nr. 7”. Hier hatte die III. Hauptabteilung des KGB, zuständig für die Militärspionageabwehr, ihr Hauptquartier. Berüchtigt war dieser außergewöhnliche historische Ort vor allem für das dortige Untersuchungsgefängnis, in dem die Insassen oft ohne ausreichende rechtliche Begründung gefangen gehalten, verhört und misshandelt wurden.
Die Ereignisse in der Geheimdienststadt werden bis heute erforscht. Einblicke in die Geschichte des Militärstädtchens Nr. 7 bietet die Gedenk- und Begegnungsstätte, die sich heute dort befindet.
Geheimdienstzentrale und Widerstandszelle
Der als „Bendlerblock” bezeichnete Gebäudekomplex beherbergte in der Zeit des Nationalsozialismus wichtige Abteilungen der deutschen Wehrmacht. Auch der deutsche militärische Auslandsnachrichtendienst „Amt Ausland/Abwehr” hatte hier sein Hauptquartier. Unter der Leitung von Admiral Wilhelm Canaris sammelte die Abwehr wertvolle Informationen für die deutschen Eroberungsfeldzüge. Gleichzeitig aber engagierten sich einige Mitarbeiter des Geheimdienstes im Widerstand gegen Hitler und wurden dabei von ihrem Chef gedeckt – der dafür schließlich hingerichtet wurde.
Im Bendlerblock wurde von anderen Offizieren zudem das Bombenattentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 geplant. Als es fehlschlug, wurden die Verantwortlichen, allen voran Graf von Stauffenberg, im Innenhof des Gebäudes hingerichtet. Aus diesem Grund befindet sich an diesem historischen Ort heute eine Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
Nachrichtenbunker der DDR-Staatssicherheit
Berlin verfügt über zahlreiche Bunkeranlagen, sowohl aus dem Zweiten Weltkrieg als auch aus dem Kalten Krieg – immerhin lag die Stadt an der Frontlinie der bipolaren Welt. Ein besonders geheimes Exemplar ist der Nachrichtenbunker der Stasi am Kiessee bei den Arkenbergen.
Klein, aber oho: Der Bunker umfasst lediglich 8,5 x 4,5 Meter und war mit Technik ausgerüstet, um geheime Kommunikation der DDR-Regierung und der Staatssicherheit zu empfangen und zu senden. Weil der Bunker so geheim war, wurde er erst spät entdeckt und nicht zerstört. Er ist allerdings heute mit Erde verdeckt und nicht zugänglich.