Die großen Namen der Spionage-Geschichte faszinieren auch lange nach dem Tod der handelnden Personen. Noch viel stärker, wenn der jeweilige Fall bis heute von Mythen und Spekulationen umrankt ist. So wundert es nicht, dass in diesem Jahr eine Schwemme von Büchern, Dokumentationen und Filmen zu Mata Hari auf den Markt kommen wird. Vor genau 100 Jahren, am 13. Februar 1917, wurde sie unter dem Vorwurf der Spionage in Paris verhaftet und acht Monate später hingerichtet.
Die Geschichte der Frau, die unter dem Namen Margaretha Geertruida Zelle 1876 in Leeuwarden (Niederlande) geboren wurde, hat durch die brisante Mischung von Abenteuer, Erotik und Spionage eine enorme Anziehungskraft. Doch wie konnte es dazu kommen?
Geboren wurde Zelle als Tochter eines extravaganten Hutmachers, der jedoch ab ihrem dreizehnten Lebensjahr in große finanzielle Schwierigkeiten geriet. Die Familie verarmte, die Eltern ließen sich scheiden und das junge Mädchen wuchs fortan bei verschiedenen Verwandten auf.
1895 lernte Margaretha Geertruida durch eine Zeitungsanzeige einen etwa 20 Jahre älteren Herrn namens MacLeod kennen, den sie schon nach kurzer Zeit heiratete. Ihr Ehemann war ein Kolonialoffizier mit dem sie die damalige Kolonie Niederländisch-Indien, in etwa das heutige Indonesien, bereiste.
Nach der Pensionierung ihres Mannes geriet die Ehe jedoch zusehends in Schieflage. Zelle wollte zurück nach Europa, was sich der ehemalige Soldat jedoch nicht leisten konnte. Die Beziehung ging endgültig in die Brüche und das Paar ließ sich scheiden.
Erneut stand die junge Frau vor dem finanziellen Ruin, da ihr geschiedener Mann nicht einmal den ihr zustehenden Unterhalt zahlen konnte. Um auf eigenen Beinen zu stehen ging Zelle nach Paris und entwarf die Kunstfigur „Mata Hari“. Sie erfand die Legende einer Tempeltänzerin, die ihre rituellen Akte zur Unterhaltung darbot. Dabei spielte die Dame Ende zwanzig bewusst mit erotischen Elementen und kokettierte mit der frühen Form des heutigen „Striptease“, was ihr ab 1905 zu bahnbrechenden Erfolgen verhalf.
Sie tanzte in den besten Häusern, schlief in den teuersten Hotels und begann zu Auftritten ins Ausland zu reisen. 1907 trat sie im Varieté Wintergarten an der Friedrichstraße in Berlin auf und tanzte sogar vor Kaiser Wilhelm II. und seiner Familie. Ihre Kunst und ihr Erfolg verschafften Mata Hari Zugang zu gehobenen Kreisen – sie umgab sich immer mehr mit vermögenden Diplomaten und Militärs verschiedener Länder.
Nach einer Reihe internationaler Auftritte musste sie bei ihrer Rückkehr nach Paris feststellen, dass ihr Erfolgsmodell von einer Reihe jüngerer Tänzerinnen kopiert worden war, die sich zum Teil vollständig nackt auf der Bühne zeigten. Damit begann ihr Erfolg zu bröckeln – das sensationsgierige Pariser Publikum war auf den nächsten Zug aufgesprungen.
Trotzdem verhalf ihr ihre mittlerweile gehobene gesellschaftliche Stellung zu weiteren Engagements. Der weiterhin luxuriöse Lebensstil ließ sich damit aber immer schwerer finanzieren. Mit dem Kriegsausbruch 1914 verschlimmerte sich die Lage noch weiter.
In dieser fast ausweglosen Situation eröffnete sich 1915 für Mata Hari eine neue Chance. Der deutsche Konsul in den Niederlanden versprach ihr 20.000 Francs für Informationen aus den gehobenen Kreisen der französischen Hauptstadt. Wie bereits zwei Mal vorher in ihrem Leben versuchte sie dem Bankrott zu entfliehen und griff zu.
Als Spionin für Deutschland reiste sie aus den Niederlanden über England und Spanien zurück nach Frankreich – der direkte Weg war durch die Front versperrt. Auf ihrer Reise erregt sie die Aufmerksamkeit des britischen Geheimdienstes, welcher einige Zeit später die französischen Kollegen warnte. Ab diesem Zeitpunkt stand Mata Hari unter verstärkter Beobachtung des französischen Geheimdienstes und wurde schließlich am 13. Februar 1917 verhaftet.
Erst fünf Monate später wurde offiziell Anklage erhoben. Der Prozess wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Militärgericht geführt. Wesentliche Informationen zu diesem Fall sind bisher nur über die 1999 freigegebenen britischen Geheimdienst-Akten zugänglich. Sie legen nahe, dass Mata Hari zwar angeworben wurde, aber nie brisante Inhalte übermittelt haben soll. Weitere Untersuchungen aus dem Jahr 2014 lassen vermuten, dass die Spionin zudem nie ein vollständiges Geständnis abgelegte.
Ob dem wirklich so ist, finden wir hoffentlich in den nächsten Monaten heraus. Nach 100 Jahren läuft die Sperrfrist auf den französischen Prozessakten zum Fall Mata Hari ab.
Über neue Erkenntnisse berichten wir natürlich hier im Blog. Bis dahin erfreuen wir uns an den zahlreichen Publikationen in diesem Jubiläumsjahr zu Mata Hari. Mehr Informationen zu Mata Hari und zur Spionage-Hysterie im Ersten Weltkrieg gibt es auch täglich von 10-20 Uhr bei uns im Deutschen Spionagemuseum.
Autor: Christoph Ewering
Veröffentlicht am: 13.02.2017