Die massiv abgeriegelte Grenze zwischen Ost- und Westeuropa stellte Geheimdienste im Kalten Krieg immer wieder vor große Probleme. Sowohl das Einschleusen von Agenten in andere Länder als auch der Austausch von Informationen gaben großen Hürde auf.
Beide Seiten entwickelten daher technische Hilfsmittel, um die Kommunikation zwischen Geheimdienst und Agent auch länderübergreifend sicherzustellen. Ein sowjetisches Funkgerät, dass speziell für diesen Zweck konstruiert wurde, findet sich in der Sammlung des Deutschen Spionagemuseums: das R-353.
Das R-353 wurde in den späten 1960er-Jahren unter dem Decknamen „Proton“ entwickelt. Es war bis in die 1980er-Jahre hinein im Einsatz. Neben den Geheimdiensten der Sowjetunion nutzten das Agentenfunkgerät auch andere Staaten des Warschauer Paktes. Das Einsatzgebiet war das „kapitalistische Ausland“, dort agierende Agenten sollten mit dem R-353 in der Lage sein, Nachrichten an ihren Geheimdienst zu übermitteln.
Um die Herkunft des Funkgeräts zu verschleiern, waren alle Beschriftungen in englischer Sprache gehalten. Das R-353 verfügte über eine eigene Stromversorgungseinheit, die mit fast allen internationalen Netzspannungen kompatibel war. Bei einer Leistung von 50 W sendete es über eine Strecke von 500-3.000 km.
Für Agenten, die im Ausland operierten, war die Aufnahme von Funkkontakt immer mit der Gefahr verbunden, dass das Signal erfasst und zurückverfolgt werden konnte. Um diese Gefahr zu verringern, war das R-353 mit einem bandbasierten Schnellgeber ausgestattet. Er befand sich in der Mitte des oberen Bedienpanels. Diese vollautomatische Nutzung des Funkgeräts erforderte allerdings etwas Vorbereitung: Zuerst musste die Nachricht mit einem Zahlencode – in der Regel dem One-Time-Pad Verfahren – verschlüsselt werden.
Diesen codierten Text nahm der Agent dann auf ein Magnetband auf, dass anschließend in das Funkgerät eingesetzt wurde. Das R-353 spielte dieses Band bei der Übermittlung verschnellert ab. Dadurch ließ sich sowohl das Erkennen der Nachricht durch feindliche Funkabwehr als auch die Ortung des Gerätes erschweren.
Das restliche Bedienpanel gestaltete sich sehr übersichtlich: Links oben neben dem Schnellgeber lag das Empfangsmodul, rechts das Sendemodul mit den diversen Einstellungsmöglichkeiten. Das untere Bedienpanel wurde in die Innenseite der Verschlussklappe des M-353 eingebaut. Dort finden sich Möglichkeiten zur schnellen Kontaktaufnahme, Kopfhörer, eine Arbeitslampe, eine Auflistung verschiedener Funkfrequenzen sowie eine kurze Anleitung.
Falls keine Zeit für eine Vorbereitung einer Schnellgebernachricht blieb, konnte der Agent entweder auf die eingebaute manuelle Morsetaste oder aber die halbautomatische Wählscheibe zurückgreifen. Zur Nutzung der Wählscheibe musste die Nachricht zuvor ebenfalls in einen Zahlencode übertragen, aber nicht aufgenommen werden.
Die Eingabe funktionierte sehr ähnlich wie bei alten Wählscheibentelefonen: Man drückte die Nummer und drehte währenddessen die Scheibe im Uhrzeigersinn, bis sie blockiert. Beide Möglichkeiten benötigten aber viel mehr Zeit zum Übermitteln der Nachricht als die Nutzung des Schnellgebers und gaben damit der feindlichen Funkabwehr mehr Spielraum, um den Ort des Agenten zu lokalisieren.
Die Ausgereiftheit des Funkgeräts R-353 für den operativen Einsatz von Agenten im Ausland erklärt, weshalb es so lange und intensiv von zahlreichen Geheimdiensten eingesetzt wurde. Im Gegensatz zu der meisten Spionagetechnik, die sich eher nach funktionalen Gesichtspunkten richtete, überzeugt das R-353 zudem ästhetisch. Viele Experten zählen es tatsächlich zu den schönsten Funkgeräten des Kalten Krieges.