Verrat, erfundene Identitäten oder Falschinformationen – Lügen kommen in der Welt der Geheimdienste täglich zum Einsatz. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, bedient sich der Mensch auch technischer Hilfsmittel. Seit den 1920er-Jahren sollen sogenannte „Lügendetektoren“ dabei helfen, Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden. Obgleich die Methode umstritten ist, kommt sie in vielen Ländern bis heute zum Einsatz.
Auch einige Geheimdienste greifen regelmäßig auf diese Geräte zurück. Die Ausstellung im Deutschen Spionagemuseum zeigt einen Lügendetektor, wie er von US-Behörden in den 1970er-Jahren genutzt wurde: den Lafayette Model 76056 Polygraph.
Die Lafayette Instrument Company gehört seit den 1970er-Jahren zu den führenden Herstellern von Polygraphen. Der Model 76056 Polygraph ist im Kofferdesign gebaut und mit Maßen von 54x14x39 cm recht kompakt. Er lässt sich leicht mobil einsetzen und ist daher ideal für die Arbeit von Geheimdiensten eignet, die oftmals ein hohes Maß an Flexibilität erfordert.
Der Preis pro Gerät lag in den 1970er-Jahren bei über 2.000 $. Die beigefügten Messgeräte dienten dazu, Blutdruck, Puls und Atemmuster zu protokolieren. Die Reaktionen werden durch vier Schreibarme kontinuierlich erfasst und zu Papier gebracht.
Den Begriff „Lügendetektor“ würden Hersteller wie die Lafayette Instrument Company allerdings niemals verwenden. Dieses Wort hat sich umgangssprachlich eingebürgert, schreibt dem Gerät aber Fähigkeiten zu, die es eigentlich nicht hat. Der Fachbegriff lautet „Polygraph“, und das gibt die Funktion gut wieder: Das Gerät zeichnet die unterschiedlichen körperlichen Reaktionen einer Person auf.
Aussagekräftig wird das Gerät erst durch einen psychologisch geschulten Befrager. Dieser interviewt die zu befragende Person und entwickelt daraufhin einen Fragenkatalog. Die Antworten analysiert er anschließend zusammen mit den Aufzeichnungen des Polygraphen.
Die Befürworter der Technik gehen davon aus, dass es bei Personen, die während einer Befragung lügen, zu einer Reaktion des vegetativen Nervensystems kommt. Sie werden also innerlich nervös, auch wenn sie sich äußerlich ruhig und unbeeindruckt zeigen. Diese Reaktion soll dann von den Messgeräten erfasst werden.
Im Gegensatz zu den Darstellungen in zahlreichen Film- und Fernsehformaten läuft so ein Test nicht innerhalb weniger Minuten ab, sondern dauert in der Regel um die zwei Stunden. Dabei werden die erarbeiteten Fragen mehrmals in unterschiedlicher Reihenfolge abgefragt. Sie sind so formuliert, dass sie nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden sollen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Polygrafen einzusetzen. Das üblichste Verfahren ist der Kontrollfragentest. Dieser beinhaltet Tatfragen, die sich konkret auf das zu überprüfende Ereignis beziehen, sowie Vergleichsfragen, die dazu dienen, die Reaktion des Befragten auf die Tatfragen besser analysieren zu können.
Problematisch ist, dass der Befragte das Ergebnis beeinflussen kann. Dazu muss bei den Kontrollfragen die Erregung erhöht werden, etwa indem man sich eine Person oder Situation vorstellt, dass sehr unangenehm ist oder sogar Panikgefühle auslöst. Hierbei kann es auch hilfreich sein, die Zähne oder den Anus zusammenzukneifen. Geheimdienst-Mitarbeiter werden gezielt geschult, um Polygraphen zu täuschen.
In den 1950er-Jahren versuchte die CIA, den BND vom Polygraphen-Einsatz zu überzeugen – ohne nennenswerten Erfolg. Während die Geräte sich in Deutschland nur wenig durchgesetzt haben, erfreuen sie sich in den USA nach wie vor großer Beliebtheit. Sie kommen sowohl bei Geheimdiensten und Behörden routinemäßig zum Einsatz als auch bei privaten Unternehmen.
Unabhängig davon, ob Polygraphen nun tatsächlich funktionieren, dürfte oftmals alleine die Stresssituation, an ein solches Gerät angeschlossen zu werden, ausreichen. Die psychologische Analyse ist dann gar nicht notwendig – die pure Präsenz eines Polygraphen schüchtert den Befragten ausreichend ein, dass er vom Lügen Abstand nimmt.