Mit Sabotageanschlägen gegen Ziele wie Fabriken, Verkehrswege oder Kommunikationssysteme versuchten Agenten im Zweiten Weltkrieg Wirtschaft oder Militär des Gegners zu schwächen. Zu den besonders schlagkräftigen Spezialeinheiten in diesem Bereich zählte das britische SOE (Special Operations Executive). Ein Ausrüstungsgegenstand des SOE ist Teil der Dauerausstellung des Deutschen Spionagemuseums: ein Verzögerungszünder für Sprengfallen (SOE AC Delay, Mk 1).
Der Verzögerungszünder bestand aus einem Messinggehäuse von 12 cm Länge bei einem Durchmesser von 2,5 cm. An einem Ende war das Gehäuse mit einem Schraubgewinde ausgestattet, mit welchem er an die Sprengladung, zum Beispiel eine Haftmine, angeschlossen wurde. Das andere Ende verfügte über eine Flügelschraube. Ein Sicherungsstift verhinderte das versehentliche Eindrehen dieser Schraube.
Im Inneren des Messinggehäuses befand sich ein federgespannter Schlagbolzen, den eine Cellulosescheibe in Position hielt. Als zusätzliche Stabilisierung des Schlagbolzens und der Cellulosescheibe dienten Stofffasern, die in das Gehäuse gestopft wurden. Alle Gewindeverbindungen wiesen Gummischeiben auf, die den Zünder wasserdicht machten. Er war so bis zu einer Wassertiefe von über 20 Meter einsetzbar.
Ausgeliefert wurde der Zeitzünder in einer handlichen Metallbox. Diese enthielt neben dem eigentlichen Zünder sechs Ampullen für unterschiedliche Zeitverzögerungen sowie eine detaillierte Bedienungsanleitung.
Um den Zeitzünder zu nutzen, lud der Agent eine mit dem Lösungsmittel Aceton gefüllte Glasampulle in das Messinggehäuse. Die Farbe der Ampulle diente dabei als Orientierung, wie lange die Zeitverzögerung dauern sollte. Die Zeitspanne reichte von 4,5 Stunden (rote Ampulle, starke Acetonkonzentration) bis hin zu 5,5 Tagen (violette Ampulle, schwache Acetonkonzentration).
Der Agent musste stets genau die jeweiligen Einsatzbedingungen beachten, denn die Umgebungstemperatur hatte einen starken Einfluss auf die Acetonreaktion. Tiefe Temperaturen verlängerten die Zeitverzögerung, während warme Temperaturen den Vorgang beschleunigten. Die entsprechenden Veränderungen waren in der Bedienungsanleitung gelistet.
Zum Starten der Zeitverzögerung entfernte der Agent den Sicherungsstift. Dann drehte er die Flügelschraube herunter, bis die Glasampulle zerbrach. Das Aceton löste daraufhin langsam die Stofffasern und die Cellulosescheibe auf, die den gespannten Schlagbolzen in Position hielten. Sobald sich dieser löste, explodierte die Sprengladung.
Die Nachfrage nach den SOE-Zeitverzögerungszündern war so hoch, dass die Briten mit der Produktion nicht hinterherkamen. Ab 1943 begann daher der militärische Nachrichtendienst OSS (Office of Strategic Services) in den USA ebenfalls den Zeitzünder herzustellen.
Dabei handelte es sich bis auf kleine optische Unterschiede um exakte Kopien der britischen Version. Der größte Unterschied war die Form der Flügelschraube. Bei der britischen Version war deren Griff rechteckig, bei der amerikanischen Version oval geformt.
Auch nach dem Krieg wurde der Zeitzünder weiter genutzt. Neben der im Deutschen Spionagemuseum gezeigten ersten Version (Mk 1 = Modell 1) folgten in den 1960/70-Jahren die Versionen Mk II und III. Sowohl die CIA als Nachfolgeorganisation des nach Kriegsende aufgelösten OSS als auch US-Marine und US-Heer setzten ihn ein, unter anderem im Vietnamkrieg (1955-1975).