Mit seinen 120 Metern erhebt sich der Teufelsberg über den Grunewald und ist heute Berlins zweitgrößter Berg. Die Ablagerung von Trümmerschutt nach dem Zweiten Weltkrieg formen seine Gestalt und begraben den Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, die von den Nationalsozialisten in den 1940er-Jahren gebaut werden sollte. In den 1960er-Jahren errichteten die USA auf dem Gipfel des Trümmerbergs eine Abhörstation, um während des Kalten Krieges den Osten zu belauschen. Nach dem Ende des Kalten Krieges nutzte die Flugsicherung in den 1990er-Jahren übergangsweise die ehemalige Abhöranlage als Radarstation. Nach gescheiterten Konzepten der Nachnutzung gehört die bis heute sichtbare Ruine der Abhörstation auf dem Teufelsberg zu den bekanntesten Lost Places Berlins.
Mit wachsender Unzufriedenheit über die wirtschaftliche und politische Entwicklung in der DDR flüchteten Anfang der 1960er-Jahre immer mehr Menschen Richtung Westen. Als Antwort stoppte die Regierung der DDR mit dem Bau der Mauer 1961 diese Fluchtbewegung. Allerdings schränkte das den Bewegungsfreiraum von Spionen deutlich ein und in den folgenden Jahrzehnten konzentrierten sich westliche Geheimdienste wie die NSA stärker auf die technische Spionage – den sogenannten Lauschangriff.
Im geteilten Berlin bot der Teufelsberg als damals höchste Erhebung den optimalen Standort für die Geheimdienste der USA und Großbritanniens, den Osten zu belauschen. In den 1950er-Jahren kam zunächst mobiles Equipment zum Einsatz. Ab 1963 begann der Ausbau mit dauerhaften Gebäuden – die Field Station Berlin entstand. Im Kalten Krieg gehörte sie zu den wichtigsten Abhörstationen weltweit. Mit ihren markanten Radarkuppeln war sie bis Anfang der 1990er-Jahre Teil des globalen ECHELON-Überwachungsnetzwerks.
Nach dem Sieg der Alliierten über Deutschland und dem Ende des Zweiten Weltkriegs vereinbarten die USA und und das Vereinigte Königreich (UK) mit den “UK-USA Security Agreements” die besonders enge Zusammenarbeit ihrer Geheimdienste zur Effektivierung der militärischen Aufklärung des Ostblocks. Offiziell betrieb das amerikanische und britische Militär die Abhöranlage auf dem Teufelsberg. Die Spionageziele gab aber vor allem die NSA vor.
Hauptzweck war die Überwachung des Funkverkehrs der DDR-Streitkräfte und des Militärs weiterer Staaten des Warschauer Pakts. Bis zum Ende des Kalten Krieges belauschten dort bis zu 1.500 Geheimdienstmitarbeiter Gespräche. Ausgestattet mit modernster Technik dokumentierten sie Tag und Nacht den Funkverkehr in bis zu 250 Kilometern Entfernung. Im Verbund mit weiteren Anlagen waren sogar bis zu 500 Kilometer möglich. Dabei bekamen die Techniker unerwartete Unterstützung durch die feierfreudigen Berliner: Es stellte sich heraus, dass das Riesenrad auf dem alljährlichen Volksfest am Hüttenweg in West-Berlin den Funkempfang der Anlagen deutlich verbesserte, da dieses die Weiterleitung der Signale verstärkte. Auf Anweisung blieb das Riesenrad noch einige Zeit nach den Festen stehen.
Ob es nun diese ungewollte Unterstützung war, die moderne Technik oder der Rund-um-die-Uhr-Betrieb – die Field Station Berlin scheint sehr erfolgreich in der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung gearbeitet zu haben. Immerhin wurde sie insgesamt viermal, 1973, 1983, 1985 und 1989, mit der begehrten Travis Trophy ausgezeichnet. Die Travis Trophy ist die jährliche Auszeichnung der NSA für die weltweit beste strategische SIGINT-Sammelstelle (Signals Intelligence: Fernmelde- und Elektronische Aufklärung).
Welche Technik in der Field Station Berlin auf dem Teufelsberg im Detail zum Einsatz kam und welche Informationen die Mitarbeitenden sammelten, unterliegt bis heute der Geheimhaltung. Obwohl die Amerikaner und Briten das Spionagezentrum nach dem Ende des Kalten Krieges verließen, ranken sich noch immer viele Ungereimtheiten um diesen exponierten Spionagevorposten.
Tatsächlich müssen es unglaubliche Informationsberge gewesen sein – Berge im wahrsten Sinne des Wortes. Vieles wurde noch nicht digital, sondern vor allem in Form von Papier und Tonbändern erfasst. Die regelmäßige Vernichtung überschüssiger Datenmengen brachte allerdings einen Vorteil mit sich. Christopher McLarren, ein ehemaliger US-Nachrichtenanalytiker und Mitarbeiter auf dem Teufelsberg, gibt in einem Zeitzeugeninterview, welches die Besucher im Deutschen Spionagemuseum anschauen können, Einblicke in seine damalige Arbeit: Demzufolge dienten die großen Brennöfen der Anlage nicht nur zur Aktenvernichtung, sondern heizten gleichzeitig mit der erzeugten Energie Teile der Anlage. So bekamen selbst wertlose Informationen einen praktischen Nutzen.
Ganz ungestört und ohne Probleme gestaltete sich die Arbeit in der Field Station Berlin allerdings nicht. In den Jahren 1982 bis 1985 gelang es der Stasi über einen Mittelsmann, den auf dem Teufelsberg stationierten US-Soldaten James W. Hall dazu zu bringen, umfangreiche geheime NSA-Akten zu übergeben. Hall bediente sich dabei nicht ausgefeilter Spionagetechnik, sondern konnte aufgrund seines Status in der eigentlich hermetisch abgeriegelten Anlage die Dokumente ganz einfach in einer Tasche mit doppeltem Boden herausschmuggeln.
Er ließ sich dafür gut bezahlen. Insgesamt etwa 300.000 $ erhielt er im Gegenzug von Stasi und KGB für seine Spionage auf dem Teufelsberg und anschließend in einer weiteren Position in Frankfurt. 1988 wurde er enttarnt und zu 40 Jahren Haft verurteilt. Da war die Zeit der Field Station Berlin schon fast abgelaufen. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1991 beendeten Amerikaner und Briten ihre Arbeit auf dem Gelände der Abhörstation.
Bis heute unterliegen die meisten Details zu der Arbeit der Field Station Berlin der Geheimhaltung. Es gibt kaum Fotos aus dem Inneren der Anlage, als sie in Betrieb war und Dokumente zu den gesammelten Informationen werden, wenn überhaupt, mit erheblichen Schwärzungen freigegeben. Der Grund dürfte auf der Hand liegen: Auch wenn die Arbeit auf dem Teufelsberg eingestellt wurde, existiert das ECHELON-Netzwerk immer noch. Jedes Detail, das durch Informationen über die Field Station Berlin an die Öffentlichkeit gelangt, könnte Rückschlüsse auf die Arbeit des Netzwerks preisgeben.
Nicht auszuschließen ist zudem, dass die NSA nicht nur gegen den Osten spionierte. Im Sinne einer umfassenden nachrichtendienstlichen Erfassung erscheint es durchaus möglich, dass die ohnehin schon positionierte Technik auch genutzt wurde, um westdeutsche Politiker und weitere Quellen abzuschöpfen. Derartige unerlaubte Spionageaktivitäten gegen Verbündete könnten unangenehme diplomatische Verwicklungen auslösen. Man wird also noch einige Jahre warten müssen, bevor die Arbeit der Field Station Berlin tatsächlich aufgearbeitet werden kann.
Spionageaktivitäten sind auf dem Teufelsberg Geschichte. Doch mit dem Ende des Kalten Krieges begann eine ganz andere Schlacht um den Teufelsberg. Investoren und die Stadt Berlin suchten nach Ideen und Konzepten für das weltweit bekannte Symbol. Pläne für Wohnungsbau und Hotelnutzung zerschlugen sich ebenso wie der Bau einer “Friedensuniversität” des US-Filmregisseurs David Lynch. Dass die denkmalgeschützte Abhöranlage Teufelsberg mitten in geschütztem Waldgebiet liegt, erschwert Nachnutzungspläne von Investoren und der Stadt Berlin.
Die verlassenen Gebäude der Field Station Berlin sind zu einem Magnet für Street-Art-Künstler:innen geworden. Sie erobern den frei gewordenen Raum und bemalen und bekleben die grauen Betonwände mit Kunstwerken. Die entstandene Street-Art-Gallery ist mittlerweile eine besondere Sehenswürdigkeit auf dem Teufelsberg. Bis zu einer Lösung der Nachnutzungsfrage erfreuen zudem temporäre Ausstellungen und Events, Sonnenuntergänge sowie der wunderschöne Blick über Berlin die Besucher des Geländes.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich Berlin im Kalten Krieg zur unumstrittenen Hauptstadt der Spione. Nirgendwo trafen die damaligen Großmächte so unmittelbar aufeinander.
Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln sind die Aufgaben eines jeden Museums. Keine dieser Aufgaben ist ohne die Sammlung durchführbar, sie bildet die Grundlage für jede Museumsarbeit.
Mehrmals kam es auf der Glienicker Brücke zwischen Potsdam und Berlin zum Agentenaustausch – seitdem ist sie ein Wahrzeichen für die Spionage im Kalten Krieg. Mehr zur Glienicker Brücke, den auf ihr stattgefundenen Agentenaustauschen und einigen der daran beteiligten Akteure gibt es hier.